Flüchtlingshilfe Lippe vor dem Rausschmiss

Rausgeworfen

Von Gretchen Kallenberg

Die Zentrale Unterbringgungseinrichtung Oerlinghausen ist seit Wochen in der Kritik. Ab März 2018 wird es hier keine unabhängige Beratung für Geflüchtete durch den Verein mehr geben. Nach Konflikten mit der Bezirksregierung Detmold und dem Flüchtlingsministerium von Nordrhein-Westfalen (Minister Dr. Joachim Stamp, FDP) stellt sich der Verein, der Mitglied der Diakonie ist, auf ein Ende der Förderung durch das Land ein. Vier Mitarbeitende werden dort aufhören müssen.

„Unsere Beratung wird wohl als zu engagiert und unbequem wahrgenommen, weil, wir haben auf bestehende Missstände hingewiesen“ so beschreibt Pfarrer Dieter Bökemeier, Co-Vorsitzender der Flüchtlingshilfe Lippe seine Sicht der Gründe. „Die Perspektive unseres Vereins ist klar auf das Recht der Geflüchteten ausgerichtet. Das Flüchtlingsministerium aber wirft Mitarbeiterinnen unseres Vereins Illoyalität gegenüber dem Land vor.“ Begründet wird dies u. a. mit der Benennung von Missständen in der Unterkunft durch eine Mitarbeiterin in einem WDR-Beitrag. Der Versuch einer Klärung wurde von zuständiger Stelle bei der Bezirksregierung Detmold erst gar nicht unternommen. Das Ministerium entschied ebenfalls einseitig und ohne Klärungsversuch.

Es ist dies wohl das erste Mal, dass das Land NRW so massiv in Personalentscheidungen von unabhängigen Beratungsträgern eingreift. Der Verein sieht dahinter die Absicht, einen unbequemen Fürsprecher für die Geflüchteten hinaus zu drängen. Hintergrund des erhöhten Drucks auf die VerfahrensberaterInnen in der Einrichtung scheint auch die neue Ausrichtung der Asylpolitik von Land und Bund zu sein. Menschen mit ihnen zugesprochener „schlechter Bleibeperspektive“ werden an einem Ort konzentriert und unterliegen einem „beschleunigten Asylverfahren“. Hier steht nach Kritik vieler Flüchtlingsunterstützer die Förderung der Ausreise im Vordergrund, nicht mehr das Recht des Einzelnen auf ein faires Asylverfahren oder die Identifizierung und der Schutz von besonders verletzlichen Personen unter den Geflüchteten.

Entsprechend erschwert sind auch die Bedingungen für die Flüchtlingsberatung und das Beschwerdemanagement. Letzteres war landesweit eingeführt worden, nachdem 2014 in Burbach Misshandlungen von Flüchtlingen bekannt geworden waren. In Oerlinghausen trugen über dieses Beschwerdemanagement die BewohnerInnen eine Vielzahl an Beschwerden und Sorgen an die Flüchtlingshilfe Lippe e. V. heran. Sie nannten anhaltende Missstände in den Bereichen medizinische Behandlung und psychologische Stabilisierung, Versorgung mit Kleidung und Essen, Sicherheit und Schutz, Hygiene und Sauberkeit, Beschäftigungsangebote sowie Kommunikation und Transparenz in der Einrichtung. „Uns ist aufgefallen, dass die gleichen Beschwerden trotz der Weiterleitung an die zuständigen Stellen immer wieder bis zuletzt geäußert wurden“, so Andreas Zuckmayer, der für das Beschwerdemanagement tätig war.

Subjektiv ist der Eindruck entstanden, dass es in der ZUE Oerlinghausen allgemein besonders viele Beschwerden gab. Aber auch ein Vergleich der Beschwerdezahlen zwischen den verschiedenen Regierungsbezirken wäre wichtig, wird aber vom Ministerium für unnötig gehalten oder zumindest nicht veröffentlicht.

„Als Flüchtlingshilfe Lippe e. V. werden wir weiter konsequent für die Rechte Geflüchteter einstehen. Das sehen wir als unsere Aufgabe. Wir suchen auch noch nach der Möglichkeit, eventuell mit einem sehr kleinen ehrenamtlichen Beratungsangebot außerhalb der ZUE einige wenige Löcher zu stopfen“, so Pfarrer Bökemeier.

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"Rausgeworfen", UZ vom 9. Februar 2018



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