Die Aufregung war groß. In der vorigen Woche stiegen über der Baustelle des Schlosses in Berlin-Mitte dunkle Rauchwolken empor. Doch danach konnte die „Welt“ erleichtert verkünden: „Das Schloss, es steht.“ Und jammerte trotzdem: „Aber was hat dieses neue Berliner Schloss nicht schon alles an Rückschlägen erlebt, welche Hindernisse haben die Anhänger seines Wiederaufbaus bis heute überwunden!“
Die Befürworter des Neuerrichtung der früheren kaiserlichen und zuvor königlich-preußischen Residenz, von denen einige 1992 einen privaten Förderverein gegründet hatten, hatten tatsächlich manches „zu überwinden“: Zweifel von Fachleuten, die Absicherung der Finanzierung, den Widerstand von Gegnern, Debatten um die künftige Nutzung, dann Schwierigkeiten am Bau. In Umfragen lehnte zunächst eine Mehrheit in Berlin den Wiederaufbau ab – später wurden sie kaum noch gefragt. Das wohl, weil inzwischen „Tatsachen“ geschaffen worden waren, aber sicher auch, weil an Stelle des nach 1945 gesprengten Schlosses im Osten der Stadt in den 70er Jahren der Palast der Republik errichtet worden war, in dem bis 1990 nicht nur die Volkskammer der DDR getagt hatte, sondern der für alle offen war, in dem Kulturveranstaltungen stattfanden, man gut und preisgünstig essen oder am Abend „schwofen“ konnte. Nicht nur „Alte“ erinnern sich noch heute daran. Bereits am 8. Juni 1990 ließ die damalige und letzte DDR-Regierung das DDR-Staatswappen am Palast der Republik abmontieren. Ein symbolischer Akt, der nicht nur für dieses Gebäude Schlimmeres erahnen ließ. Die letzten Volkskammerberatungen wurden ab 20. September 1990 vom „asbestbelasteten“ Palast in das nicht weniger asbestbelastete bisherige Gebäude des ZK der SED verlegt. Doch das Gebäude des Palastes, zwischen 1998 bis 2003 „wegen der Asbestbelastung“ entkernt, stand auch Anfang der 2000er Jahre immer noch, wurde teilweise für Kulturprojekte genutzt. Und noch immer wurde über eine mögliche Neunutzung diskutiert. Bis eine Mehrheit im Bundestag den Abriss und den Neubau des Stadtschlosses beschloss. In mehr als 500 Petitionen an den Bundestag hatten Bürgerinnen und Bürger dagegen protestiert. Vorher hatte es auch auf der Straße Aktionen gegen den Abriss gegeben. Doch alles wurde – sehr „demokratisch“ – abgelehnt bzw. ignoriert: Nicht nur, weil sich die Befürworter einer neuen „historischen Mitte“ Berlins durchsetzten, sondern vor allem wohl, weil ein wichtiges Symbol und architektonisches Zeugnis der DDR aus der Stadtmitte verschwinden sollte.
Doch der Neubau begann erst 2013. Die Bauarbeiten verzögerten sich immer wieder. Finanzielle, bauliche und technische Probleme waren die Ursache. Dem Bund und dem Land Berlin hat die Baustelle bislang mindestens 644 Millionen Euro gekostet. Architektonisch ist der Neubau der „Zwingburg der Hohenzollern“ zudem nicht an Einfallslosigkeit zu überbieten. Im Berliner „Tagesspiegel“ wurde – wohl in Anspielung auf das Vorhaben, dort als „Humboldt-Forum“ verschiedene Sammlungen von Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und anderer unterzubringen – jüngst angemerkt, er sehe aus wie ein Containerschiff. Und auch um die geplanten Ausstellungen gibt es Diskussionen: Viele der Exponate, vor allem die aus der Kolonialzeit stammenden, gelten als „Raubkunst“. Die Debatte wird auch nach der Eröffnung weitergehen.
Nun hat es auf der Baustelle gebrannt. Auch deshalb wird sich die schon einmal um ein Jahr verschobene Eröffnung des „Humboldt-Forums“ möglicherweise weiter hinauszögern: Ein Bitumenkocher war in Brand geraten, ein zweiter sowie ein Teil des Bodens fingen Feuer, eine Gasflasche explodierte. Die Feuerwehr war schnell genug vor Ort um Schlimmeres zu verhindern. Ein Arbeiter kam mit Verdacht auf Rauchgasvergiftung ins Krankenhaus. Größere Schäden gab es allerdings nicht: Nur Ruß an Wänden und eine zerstörte Stuckdecke wurden gemeldet. Doch auch „Corona“ hat den Zeitplan „durcheinandergebracht“.
Nina Hager