CSU und AfD liefern sich Wettstreit um rechte Parolen

Rassistische Anschlagswelle

Von Markus Bernhardt

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat angekündigt seine Länderkollegen für Anfang März zu einem Gipfel gegen Rechtsextremismus einzuladen. Anlass ist für den SPD-Politiker die „Welle fremdenfeindlicher und rechtsradikaler Gewalt, die den inneren Frieden unserer Gesellschaft bedroht“. Als ersten Schritt will Maas mit den Justizministern der Länder unter anderem über neu einzurichtende Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften für rechte Gewalt diskutieren. Auch um die Strafverfolgung der zunehmenden Hetze in sozialen Netzwerken wie Facebook sowie eine mangelhafte statistische Erfassung rechter Straftaten soll es bei dem geplanten Gipfel gehen.

Tatsächlich reißt die nunmehr seit Wochen und Monaten anhaltende rassistische Gewalt nicht ab. Allein in Nordrhein-Westfalen kam es in den vergangen Tagen zu mehreren Bränden in von Flüchtlingen bewohnten Häusern und Unterkünften, bei denen als Tatmotiv in den meisten Fällen von Brandstiftung ausgegangen wird. Einige Beispiele: In der Nacht zum letzten Sonntag wurden in Gelsenkirchen 15 Menschen, darunter sechs Kinder, verletzt. Sie konnten von der örtlichen Feuerwehr über das Dach eines Nebenhauses in Sicherheit gebracht werden. Nach Angaben der Polizei hatten zuvor mehrere Kinderwagen in dem von den Flüchtlingen bewohntem Mehrfamilienhaus gebrannt. Zwar gebe es bisher keine Hinweise auf einen fremdenfeindlichen Tathintergrund, dennoch sei der polizeiliche Staatsschutz eingeschaltet worden. Bereits am letzten Donnerstagabend war im Keller einer Flüchtlingsunterkunft in Duisburg-Neumühl Feuer ausgebrochen. Die 76 Bewohnerinnen und Bewohner konnten vom anwesenden Sicherheitsdienst ins Freie gebracht werden, bevor die Feuerwehr eintraf. Auch in diesem Fall geht die Polizei nicht von einem rassistischen Tathintergrund aus, die Ermittlungen dauern jedoch noch an. Anders stellt sich die Sache hingegen in Bezug auf einen Anschlag in Oberhausen dar. Dort hatten ein oder mehrere Täter am Freitag letzter Woche versucht, einen mit 5 000 Litern Gas gefüllten Tank in Brand zu setzen. Dieser befindet sich in direkter Nähe zu einem fast fertig gestellten Flüchtlingsheim. Eine eigens eingerichtete Sonderkommission der Polizei sucht aktuell nach einem dunkel gekleideten Mann, der in direkter Tatortnähe beobachtet worden war. Da die Vorgehensweise des oder der Täter „sehr, sehr dilettantisch“ war, wie der stellvertretende Feuerwehrchef Gerd Auschrat betonte, habe jedoch zu keinem Zeitpunkt Explosionsgefahr bestanden. Der Staatsschutz ermittelt. In Detmold gab ein 19-Jähriger in der Nacht zum Samstag mit einer Waffe zwei Schüsse vor einer Flüchtlingsunterkunft ab und skandierte dabei rechte Parolen. Er konnte von der Polizei festgenommen werden.

Andererseits kam es rund um das vergangene Wochenende in Magdeburg und Stuttgart (s. S. 16) und anderswo auch zu Protesten von Antifaschisten. In Magdeburg gingen am Freitag rund 400 Antifaschisten auf die Straße, um gegen Neofaschismus, Rassismus und imperialistische Kriege zu protestieren. „In Anbetracht einer regionalen Mobilisierung und dem Verlauf war die diesjährige antifaschistische Vorabenddemo erfolgreich. Wir konnten damit einen Tag vor dem geplanten Naziaufmarsch einigen Nazis an ihren Wohnorten auf die Pelle rücken. Zugleich gelang es durch viele Parolen und Redebeiträge unsere Positionen gegen Faschismus und Kriegstreiber zum Ausdruck bringen“, zeigte sich die antikapitalistische Gruppe „Zusammen Kämpfen“ aus Magdeburg zufrieden.

Am Tag darauf marschierten rund 230 Nazis und Rassisten in Magdeburg auf, um den Jahrestag der Bombardierung Magdeburgs am 16. Januar 1945 durch die Alliierten für ihre Propaganda zu vereinnahmen. Ihnen standen jedoch hunderte Antifaschisten und Nazigegner gegenüber, denen es trotz anhaltender Provokationen der eingesetzten Polizei gelang, ein Zeichen gegen Faschismus zu setzen.

Unterdessen geraten die Polizeibehörden ob der ansteigenden rassistischen Gewalt zunehmend in die Kritik. So monierte die Grünen-Bundestagsabgeordnete Monika Lazar in einem Gastbeitrag für die Internetseite „Migazin“ den Umgang des Bundeskriminalamtes (BKA) mit den Angriffen der extremen Rechten. Wie sehr Pegida, AfD und der rechte Mob zusammenarbeiten, lasse sich inzwischen gut erkennen. „Dennoch bleibt das BKA stoisch dabei, dass es sich bei den Tätern primär um Einzeltäter handele und es keine Belege für eine bundesweite Streuung beziehungsweise Lenkung durch rechtsradikale Parteien gebe“, kritisierte sie.

Tatsächlich wird die gegen Flüchtlinge gerichtete Stimmungsmache jedoch keineswegs nur von den Brandstiftern befördert, die „Pegida“ oder etwa der AfD entstammen. So forderte etwa die selbsternannte CSU-Basisbewegung „Konservativer Aufbruch“, ein Zusammenschluss von Rechtsaußen-Apologeten in der CSU, kürzlich sogar den Austritt der CSU aus der Bundesregierung, nachdem der frühere Verfassungsrichter Udo di Fabio der Regierungskoalition in einem Gutachten für den Freistaat Bayern Rechtsverstöße in Sachen Asylpolitik vorgeworfen hatte. Di Fabio hatte konstatiert, dass der Bund verpflichtet sei, „wirksame Kontrollen der Bundesgrenzen wieder aufzunehmen, wenn das gemeinsame europäische Grenzsicherungs- und Einwanderungssystem vorübergehend oder dauerhaft gestört ist“. „Die CSU macht sich mitverantwortlich, wenn sie mit ihren Ministern Teil dieser Bundesregierung bleibt und diese Bundesregierung die gegenwärtige rechtswidrige Asylpraxis nicht sofort unterbindet“, erklärte daraufhin Thomas Jahn, stellvertretender Sprecher des „Konservativen Aufbruchs. „Wenn sich die CSU mit ihrer Forderung nach einem Stopp der illegalen Einwanderung nicht durchsetzen kann, muss sie konsequenterweise die Koalition verlassen“, forderte er weiter.

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"Rassistische Anschlagswelle", UZ vom 22. Januar 2016



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