Kurz vor dem Jahreswechsel hat das Bundeskabinett noch schnell den Entwurf für das neue Bundespolizeigesetz auf den Weg gebracht. Frei nach dem Motto: „Immer noch eine Schippe drauf“ war es sicher nicht nur Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ein großes Anliegen, zum neuen Jahr eine weitere Gesetzesverschärfung vorzulegen. Die sogenannte Reform ist Teil des Ampel-Koalitionsvertrages, weswegen sich alle Regierungsparteien natürlich mächtig darüber freuen. Großes Lob kommt beispielsweise von der Migrations- und Antirassismusbeauftragten der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan. Faesers Parteifreundin ist sich sicher, dass das im Grundgesetz verankerte Verbot rassistischer Diskriminierung nun bestimmt durchgesetzt würde.
Auch die Grünen freuen sich in ihren Verlautbarungen auf den Schutz der Bürgerrechte. Vor allem das „Racial Profiling“, also die alltäglichen rassistischen Kontrollen durch die Bundespolizei in Zügen, an Bahnhöfen und Grenzübergängen aufgrund des Aussehens, die es offiziell gar nicht gibt, seien nun ganz bestimmt passé. Und wenn es sie doch gibt, haben Kontrollierte in Zukunft das unumstößliche Recht, eine Quittung dafür zu erhalten. Wenn das kein Fortschritt ist.
Die Sache mit den Quittungen geht der Union aber nun doch etwas zu weit, schließlich muss dort der Grund der „Maßnahme“ draufstehen. Der Gesetzentwurf stelle damit die eigenen Polizeibeamten unter Generalverdacht, kläffte der Innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), kurz vor Weihnachten. Die Bundespolizei brauche moderne Befugnisse und Zuständigkeiten. Bei den technischen Kompetenzen bleibe die Ampelkoalition weit hinter dem Notwendigen zurück, da ist er ganz sicher, vermutlich, weil es mit der Online-Durchsuchung privater Computer in diesem Gesetz nicht geklappt hat. Die FDP hat aktuell gar nichts Substanzielles beizutragen. Während der GroKo war sie noch strikt dagegen. Nun hat es für eine Einigung gereicht.
Tatsächlich erhält die Bundespolizei nach dem Gesetzentwurf neue Befugnisse zur Telekommunikationsüberwachung, zum Einsatz eigener Drohnen, zur Speicherung von DNA-Identifizierungsmustern sowie zum Erlass von Meldeauflagen und Aufenthaltsverboten. Außerdem wird es auch erlaubt sein, Gewahrsamsräume der Bundespolizei mit Bild und Ton zu überwachen.
Im grenzüberschreitenden Verkehr tätige Verkehrsunternehmen werden noch stärker verpflichtet, bestimmte Unterstützungsleistungen zu erbringen. So müssen Bundespolizisten auch künftig unentgeltlich befördert werden und Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt bekommen, zum Beispiel an Flughäfen. Des Weiteren soll es eine Rechtsgrundlage für die einfache Sicherheitsüberprüfung aller angehenden Bundespolizisten geben, um sich vor „Extremisten“ und deren Unterwanderungsversuchen zu schützen. Was dies in der Realität bedeutet, dürfte klar sein: Es erleichtert Berufsverbote für Linke und alle, die von den Behörden dafür gehalten werden.
Verhaltene Kritik kommt bisher nur von der unabhängigen Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung, Ferda Ataman. Obwohl sie das Gesetz grundsätzlich begrüßt, sieht sie immerhin dringenden Nachholbedarf. Denn verdachtsunabhängige Personenkontrollen aufgrund des äußerlichen Erscheinungsbilds sollen bei Vorliegen eines nicht näher definierten „sachlichen Grunds“ rechtmäßig werden, kritisiert Ataman und widerspricht damit der Erzählung vom Ende des Racial Profiling. Ebenso kritisch sieht sie die Regelungen zum Einsatz von Bodycams. Polizisten sollen „nach eigenem Ermessen“ und lediglich zum eigenen Schutz entscheiden dürfen, ob sie Bodycams einschalten oder nicht.
So sieht der reaktionäre Staatsumbau in Aktion aus. Da fällt die ebenfalls im Entwurf enthaltene Kennzeichnungspflicht für Beamte kaum noch ins Gewicht. Dieses Gesetz dient vor allem der Bekämpfung von Geflüchteten und enthält darüber hinaus noch stärkere Möglichkeiten, soziale Proteste zu überwachen und zu unterdrücken. Alle Linken, Grundrechts- und Geflüchteteninitiativen sollten lautstark gegen das Gesetzesvorhaben protestieren.
Unser Autor ist Bundessprecher der Roten Hilfe e. V.