Die amtierende Verteidigungsministerin macht ihren Job mit den politisch-ideologischen Mitteln, die sie schon immer ausgezeichnet haben. Ende September erhielten alle neuen Bundestagsabgeordneten einen Brief von Ursula von der Leyen, mit dem sie dafür wirbt, einer „diffuse Scheu vor Auslandseinsätzen“ energisch entgegen zu treten. Sie meint, die Auslandseinsätze seien „ganz selbstverständlicher Bestandteil unserer heutigen Parlamentsarmee“.
Wenige Tage später beschloss das amtierende Bundeskabinett die Verlängerung aller Auslandseinsätze um weitere drei Monate, ohne das Parlament mit der Entscheidung zu betrauen. Selbst in den wenigen Tagen, bis das neue Parlament seine Arbeit aufnimmt, brüskiert das Kabinett den Bundestag, und selbstverständlich mit den Stimmen der SPD-Minister, die ja nur noch ihre restliche Dienstzeit abarbeiten, bevor sie als Opposition dagegen stimmen könnten – wenn sie denn wollen.
In ihrem Brief meint die Ministerin allen Ernstes, die Werbekampagnen der Bundeswehr zur Anwerbungen junger Menschen seien „ein Beitrag zum übergeordneten Ziel, auch in Zukunft die richtigen Talente … zu gewinnen“. Dafür werden Millionen aus dem Etat bereitgestellt. Bei „Youtube“ gab es im letzten Jahr die Serie „Die Rekruten“, jetzt gibt es in Echtzeit eine Serie „Mali“, wo Nutzer im Chat-Bot sitzen und Auslandseinsätze „hautnah miterleben“ können. Ob Abgeordnete im neuen Bundestag deutliche Worte finden, um diesen Wettbewerb der Armee als das bezeichnen, was er in Wirklichkeit ist, nämlich perfide und verlogen, bleibt bestimmt nur der Partei „Die Linke“ vorbehalten.
Die BAKS, die „Bundesakademie für Sicherheitspolitik“ ist eine der Denkfabriken, die weniger bekannt sind. Sie wurde 1992 durch den Bundessicherheitsrat unter Vorsitz von Helmut Kohl gegründet. Ihren ersten Sitz hatte sie in der „Rosenburg“ in Bonn. 2004 zog sie in die Schlossanlage Schönhausen in den Berliner Bezirk Pankow um. Die Bundesakademie bildet ausgewählte Führungskräfte zu sicherheitspolitischen Fragestellungen weiter – über die Grenzen von Ressorts hinweg. Das Bundeskanzleramt und sieben Bundesministerien entsenden Referenten an die Akademie. Die Lehre ist ein Schwerpunkt der Akademie, beispielsweise bereitet das dreimonatige Kernseminar für Sicherheitspolitik Mitarbeiter aus den Bundesministerien darauf vor, relevante Schlüsselreferate zu übernehmen. Am 19. Oktober 2017 beging die Bundesakademie für Sicherheitspolitik ihr Jubiläum mit einem Festakt. Die Hausherrin von der Leyen hielt eine deutliche Rede, der Horizont der deutschen Sicherheitspolitik sei „global“, dafür brauche es die „breiteste Expertise“ und die Entwicklung von Personal, das diesen Blick für „Fragen am anderen Ende der Welt“ auch hat und weltweit vernetzt an Lösungen für Probleme arbeitet. Bekannt wird auch, dass die Akademie ihre Seminargruppen regelmäßig nach China, nach Indien, in den Iran schicke, damit wir eigene „Eindrücke von den Staaten gewinnen können“. Das Ministerium ist auf allen Feldern und auf allen Kanälen mit der ureigenen Aufgabe beschäftigt, die systematische Einbindung der manchmal divergierenden politischen Kräfte und Kapitalgruppen in die von ihm selbst formulierten sicherheitspolitischen Debatten im Interesse der Herrschenden zu formieren.
Auch wenn Ursula von der Leyen beim anstehenden Personalkarussell vielleicht ihren Job verliert, an diesen Aufgaben bleiben die Ministerialen natürlich dran, zumindest solange, wie andere Mehrheiten den politischen Druck so erhöhen können, dass neue, friedensstiftende Aufgaben der Bundeswehr gestellt werden.