Gesa und Arikia haben es geschafft: Das erste Engagement nach der Schauspielschule! Endlich keine Nebenjobs mehr, sich nur auf das Spielen konzentrieren können – ein absoluter Traum. Doch schon auf dem Weg in der Regionalbahn wird ihnen ins Gesicht gesagt, wie komisch ihre Entscheidung auf andere wirkt: „Ihr zieht jetzt also nach Hamburg?“ „Nein, wir kommen aus Hamburg.“ Ungläubiges Gelächter bei den beiden mitreisenden jungen Frauen. „Ihr kommt dahin, weil ihr in der Großstadt keinen Job bekommen habt? Wir hauen ab, weil wir in Parchim keinen kriegen!“
Denn genau dort ist das erste Engagement von Gesa und Arikia. In Parchim. In der mecklenburg-vorpommerschen Provinz.
Regisseur Dieter Schumann bleibt nah dran an Gesa und Arikia und ihren ersten beruflichen Gehversuchen am Landestheater Parchim. An der Freude über den (vermeintlichen) Geldsegen, den ein festes Engagement mit sich bringt. 2.100 Euro brutto, dabei eine ganze Wohnung zum Preis eines einzelnen WG-Zimmers in Hamburg. Es scheint fast so, als könnte man in der Provinz vom miesen Verdienst für Jungschauspieler leben.
Am Landestheater Parchim treffen Regisseur Schumann und die Zuschauer auch auf den Schauspieler Julian, den in Parchim aufgewachsenen Requisiteur Björn und Intendant Thomas. Das Theater ist nicht mehr bespielbar, das ehemalige „Hotel Graf Moltke“ mit seinem großen Ballsaal war 1945 von den Sowjets zu einem Theater umfunktioniert worden. Statt es für 300.000 Euro zu reparieren, wurde für 40 Millionen neu gebaut – der Eröffnung des Neubaus fiebern alle entgegen.
Aber bis dahin liegen vor den Jungschauspielerinnen noch einige Herausforderungen. Die der Provinz: selber schminken, Sprecherziehung per Zoom und andere Dinge, die man sich an der Schauspielschule bestimmt nicht so erträumt hat. Und dann kommt noch der Lockdown: keine Proben, Premieren abgesagt, unsichere Zukunft.
Dabei hatte es so gut begonnen mit den Produktionen von „Das Lied der Nibelungen“ als Solostück für eine verdammt wütende Frau und von „Wie der Wahnsinn mir die Welt erklärte“ – beides Stücke des Kinder- und Jugendtheaters. Doch das Leben als Schauspielerin ist nicht einfach. Viel Kritik bei den Proben, Selbstzweifel. Von diesen wird vor allem Gesa gepackt, als sie für keine Rolle mehr besetzt wird. Da sitzt sie dann, in der Provinz, in der Pandemie. Ein Engagement, aber keine Rollen – Höchststrafe für Schauspielerinnen und Schauspieler.
Doch das Tief wird überwunden und die beiden Protagonistinnen tauchen ab in die Proben für eine Antigone-Adaption für Jugendliche.
Wer das Theater mag, wird den Blick hinter die Kulissen schätzen, den Schumann mit „Dann gehste eben nach Pachim“ eingefangen hat, wobei das Eintauchen in die persönlichen Geschichten der Porträtierten einigen zu weit gehen mag. Die Entwicklung von der ersten Leseprobe über Angebote und Ausprobieren auf der Probebühne, die unterschiedliche Arbeitsweise der verschiedenen Regisseure – all das kann man verfolgen bis zum großen Moment. Wenn es hinter der Bühne kurz ganz leise wird und der Inspizient durchsagt: „Noch drei Minuten. Dies ist das letzte Zeichen. Toi, toi, toi.“
Für diesen Moment, den Auftritt und den Applaus, sind nicht nur Gesa und Arikia auf die Schauspielschule gegangen. Und wer sich dort die Leidenschaft für den Beruf nicht hat austreiben lassen – der geht eben verdammtnochmal auch nach Parchim.
Dann gehste eben nach Parchim. Von der Leidenschaft des jungen Theaters
Dokumentarfilm
Regie: Dieter Schumann
Im Kino