Vor 50 Jahren, am 24. April 1974, wurde Günter Guillaume im Bundeskanzleramt verhaftet. Wenige Tage später trat Willy Brandt als Bundeskanzler zurück. Guillaume war seit 1954 inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR und später „Offizier im besonderen Einsatz“. Mit nachrichtendienstlicher Ausbildung „flüchtete“ er in den Westen, wo er sich über Jahre in der SPD nach oben arbeitete. 1972 wurde er persönlicher Referent des Bundeskanzlers.
Im Vergleich dazu wirken die Agentenstorys, die derzeit durch die Medien gehen, wie eine Provinzposse. Dem hauptverdächtigen Deutschrussen wird laut spiegel.de „das ‚sicherheitsgefährdende Abbilden‘ militärischer Einrichtungen“ vorgeworfen. Er soll Fotos des US-Stützpunkts Grafenwöhr gemacht haben. Wenig später nahm die Polizei drei Personen fest. Laut tagesschau.de hätten sie „einen Speziallaser ohne Genehmigung nach China exportiert“. Bei einem weiteren angeblichen Spion handelt es sich um einen Mitarbeiter des AfD-Politikers Maximilian Krah. Der Verhaftete soll sich vor Jahren deutschen Diensten als Informant Angeboten haben. Tagesschau.de schreibt, „zu einer Zusammenarbeit soll es allerdings nicht gekommen sein, da G. bereits damals den Eindruck erweckt habe, möglicherweise ein doppeltes Spiel zu treiben“. Russland und China stellen uns also ziemlich nach. Ihre geheimdienstlichen Fähigkeiten haben sie dagegen offenbar aus alten „Spion&Spion“-Comics und ihre Ausstattung aus der „Yps“.
Provinzposse
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