Der Konzern hatte sich alles so schön vorgestellt: Gegen die Fusion von Dow/Dupont und Chemchina/Syngenta setzte Bayer die Übernahme von Monsanto und sieht sich mit den Profiten wieder ganz vorne dabei. Beim gentechnischen Saatgut mit 95 Prozent und beim herkömmlichen Saatgut mit 30 Prozent. Ein Bayer-Monopol, mit der sich wunderschön die ganze Welt ausbeuten lässt.
Doch kaum hatte Bayer die Übernahme im Mai 2016 bekannt gegeben, wehte dem Konzern auch schon ein bis heute anhaltend heftiger werdender Wind des Widerstands entgegen. Das seit fast 40 Jahren arbeitende internationale Netzwerk der Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) erklärte noch am Tag der Verkündung in sieben Sprachen „Stop Bayer/Monsanto – weltweit!“
Das internationale Monsanto Tribunal im Oktober 2016 in Den Haag/Niederlande nutzte die CBG, um mit mehr als 1 000 AktivistInnen die Proteste zu beraten. Die CBG rief dazu auf, anlässlich der Hauptversammlung von Bayer am 28. April 2017 einen ersten Höhepunkt der weltweiten Widerstandsaktionen zu organisieren.
Der Konzern aus Leverkusen wusste sofort, was da auf ihn zukam. Immerhin ist Bayer klar, dass er das einzige Unternehmen der Welt ist, das dank der Aktionen der CBG seit 39 Jahren rund um den Globus unter Beobachtung und in Kritik der mehr als 100 000 Menschen steht, die im Rahmen der CBG in mehr als 70 Ländern innerhalb und außerhalb der Konzern-Werke und Tochterunternehmen Tag und Nacht ein aufmerksames Auge auf Bayer haben. Seit 32 Jahren ist keine geordnete Hauptversammlung im herkömmlichen Sinn mehr möglich. Die Kritik an Gewinn und Profit dominiert die Versammlungen der AktionärInnen, immer mehr KleinaktionärInnen unterstützen gar die CBG aktiv. Die Abstimmungen bescheren schon lange nicht mehr die herrlichen 100 Prozent (!) Zustimmung, sondern bis zu 10 und mehr Prozent Gegenstimmen.
In höchster Not floh der Konzern mit seiner HV nach Bonn. Dort wurde ihm von den Behörden zugesichert, was ihm in Köln gerichtlich untersagt worden war: Die weiträumige Absperrung der Hauptversammlung und damit die Verhinderung von Demonstrationen vor den Toren. Die Stadt Bonn hat Bayer für läppische 500 Euro im Rahmen einer „Sondernutzung“ genehmigt, den öffentlichen Raum rund um das World Congress Center Bonn extrem großräumig mit übermannshohen Sichtschutzgittern abzusperren. Die Polizei legte nach und untersagte der CBG Lautsprecher in Richtung HV. Die AktionärInnen wären mit Bussen in den abgesperrten Raum transportiert worden und hätten den Widerstand in keiner Weise zu Gesicht oder Gehör bekommen.
Doch es kam anders. Während parallel im April in Griechenland, USA, Kanada und vielen anderen Ländern Widerstandsaktionen stattfanden, gab es Tage vor der HV an den Universitäten Köln und Bonn gut besuchte Kick-Off-Veranstaltungen. Zugleich klagte die CBG in vier Eilverfahren gegen den skandalösen Bruch der Verfassung im Bereich der Versammlungsfreiheit.
Bayer legte nach, rückte den Bayer-Monsanto-Widerstand und vorneweg die CBG in die Nähe der „Anschläge von Brüssel“ und phantasierte „Terror“ und „Gewalttäter“ im Zusammenhang mit der HV in langen Schriftsätzen herbei (alles dokumenteirt unter www.CBGnetwork.org). Die teueren Anwälte nützten nichts, die Argumente der CBG waren vor Gericht stärker. Es gelang zwar nicht, den grundsätzlichen Verfassungsbruch juristisch aus der Welt zu schaffen, aber der Konzern musste die Absperrungen dramatisch verkleinern und alle einschränkenden Auflagen der Polizei fielen.
Und dann ging für den Konzern alles vollends in die Hose. Selbst das riesiges Bayer-Transparent hinter den Gittern am Kundgebungsplatz wurde zum Eigentor. Der Konzern schrieb „Liebe Demonstranten, nutzt doch mal Fakten statt Vorurteile.“ Und bekam dann Fakten ohne Ende um die Ohren gehauen: Eine große Demo im breiten Bündnis von Aktionsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft über Misereor bis hin zu Umweltschutzgruppen demonstrierte auf Einladung der CBG mit rund 300 TeilnehmerInnen vor den Toren der HV. Im Saal wurde die Rede des Vorstandsvorsitzenden bereits nach fünf Minuten und auch danach mehrfach durch Sprechchöre wie „Ihr vergiftet unsere Böden!“ unterbrochen. Die 2 500 AktionärInnen wurden außerhalb und innerhalb der Halle immer wieder aufgefordert: „Stimmen Sie mit Nein.“ Zwei DemonstrantInnen enterten das Vorstandspodium. In der HV wurden Transparente entfaltet. Mehr als vier Stunden sprachen Gäste der CBG aus allen fünf Kontinenten. In mehr als 25 Redebeiträgen wurden den Konzernherren die gewünschten Fakten um die Ohren gehauen. Der Landtagskandidat der Linken, Aggelidis, sowie die Bundestagsabgeordneten der Grünen Hofreiter und Künast kündigten parlamentarischen Widerstand an.
Axel Köhler-Schnura von der CBG erklärte: „Wenn zwei Verbrecher-Konzerne sich zusammenschließen, kann niemals ein harmloser Konzern herauskommen. Gegen diesen Zusammenschluss wird es weltweit erbitterten Widerstand geben. Das geplante Profitmonopol im Agrarbereich bringt die Ernährung der Weltbevölkerung in ernste Gefahr.“