Gegen die Privatisierung städtischer Wohnungen

Protestaktion in Nürnberg

Von Fabian Moser

Die Forderungen lauten:

1. Neue Wohnungsgemeinnützigkeit

Wir fordern die Einführung einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit als

Alternative zur renditeorientierten Wohnungswirtschaft.

2. Mietenanstieg stoppen

Wir fordern eine wirksame, flächendeckende Begrenzung des Mietenanstiegs

durch rechtlich verbindliche Mietspiegel, die das tatsächliche

Mietenniveau aller Wohnungen abbilden.

3. Keine Verdrängung durch Modernisierung

Die Umlage der Modernisierungskosten auf die Miete (§559 BGB) muss

abgeschafft werden.

4. Zwangsräumungen verhindern – Kündigungsschutz verbessern

Wir fordern einen wirksamen Kündigungs- und Räumungsschutz für

Mieter und Mieterinnen.

5. Leerstände beenden

Wir fordern, dass die Vermietung von spekulativem Leerstand erzwungen

werden kann. Instandbesetzungen müssen legalisiert werden

6. Neuausrichtung der Bodenpolitik

Wir fordern, dass der Ausverkauf öffentlicher Liegenschaften und

Wohnungsbestände gestoppt und umgekehrt wird.

7. Wohnungsunternehmen demokratisieren – Kollektive Rechte schaffen

Wir fordern kollektive MieterInnenrechte in allen Wohnungsunternehmen

und echte Mitbestimmung im öffentlichen und gemeinnützigen

Wohnungssektor

Am Freitag, dem 8. September, veranstaltete die Arbeitsgruppe „Wohnen“ des Sozialforums Nürnberg eine Protestaktion in der Innenstadt. Mit einem Sofa samt Wohnzimmertisch wurden die Passantinnen und Passanten am Hallplatz auf die geplante Privatisierung der letzten 200 städtischen Wohnungen aufmerksam gemacht. Deren Verkauf wurde im Rahmen der letzten Haushaltsverhandlungen von der SPD geführten Stadtverwaltung durchgesetzt. Damit markiert deren Privatisierung einen Meilenstein in der örtlichen Wohnungspolitik. Diese besteht schon seit Jahren darin, dass die Stadt Nürnberg Flächen aus ihrem Besitz veräußert.

So ging erst Ende letzten Jahres das gut 2000 qm große „Tafelsilber“- Gelände in Schoppershof an die Immobilienfirma Patrizia. Diese hat auf Betreiben der bayerischen Staatsregierung vor einigen Jahren die Wohnbaugenossenschaft GBW übernommen. Seitdem hat sich diese Firma als einer der bis heute berüchtigtsten Miethaie des Bundeslands offenbart.

Auch das ehemalige Quelle-Areal wurde an die Firma Sonea Sierra verkauft, obwohl deren fragwürdiges Vorgehen bereits in der Nachbarstadt Fürth für Unmut gesorgt hatte. Nun liegt das Gelände ungenutzt als Spekulationsfläche brach. Die Stadt nutzte damals nicht die Gelegenheit, dieses Gelände zu erwerben, das Raum für Wohnen, Kultur und öffentliche Einrichtungen hätte bieten können.

Wieviel Wohnfläche durch den Verkauf der 200 Wohnungen letztendlich verloren geht, ist noch nicht abzusehen. Tatsächlich wird der Stadtrat den Verkauf jeder Immobilie einzeln beschließen müssen. Die Stadtverwaltung unternimmt daher derzeit noch alles, um keine Details durchsickern zu lassen. Für die Aktivistinnen und Aktivisten des Sozialforums besteht hingegen die Chance, den Ausverkauf möglicherweise doch noch zu stoppen. Denn wird die in Nürnberg durchschnittliche Wohnungsgröße als Größengrundlage angenommen, ginge der Öffentlichkeit eine bereits nutzbare Wohnfläche von knapp 15.000 qm verloren.

Um die Zahl verständlich zu machen, zeigten die Aktivistinnen und Aktivisten, dass dies dem Zehnfachen des als Aktionsort gewählten Hallplatzes, bzw. der dreifachen Fläche des berühmten Nürnberger Hauptmarkts entspricht. Eine Wohnfläche, die nach Meinung der AG ein erster wichtiger Schritt in die Richtung eines nicht an Profit orientiertem Wohnraum sein könne. Stattdessen werden auch die letzten Optionen der kommunalen Steuerungen aus der Hand gegeben.

Viel Zuspruch, Dankbarkeit und Zustimmung gab es für die Gruppe, dass sie sich der Sache angenommen hatte, die Öffentlichkeit über diesen Missstand zu informieren und konkrete Forderungen zu stellen. Die Reaktion der Menschen reichte aber auch von Verbitterung bis hin zu Entsetzen, dass ausgerechnet die Sozialdemokraten die Privatisierung zu verantworten haben.

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"Protestaktion in Nürnberg", UZ vom 15. September 2017



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