Spanien: „Podemos“ und die Perspektive

Projekt für etwas anderes

Von om

Die Armut in Spanien wächst. Die Arbeitslosigkeit ist nur deshalb auf 22 Prozent zurückgegangen, weil ausländische Beschäftigte und junge qualifizierte Kräfte das Land verlassen. Es gäbe vieles, worüber es sich im spanischen Wahlkampf zu sprechen lohnen würde. Aber die Debatten um die mögliche Unabhängigkeit Kataloniens und der Aufstieg von „Podemos“ waren für die Presse die wichtigeren Themen. Die Debatte um den katalanischen Separatismus in den Vordergrund zu stellen, so ein Funktionär der Gewerkschaft CCOO aus Katalonien, diene „als Nebelkerze, um die enorme soziale Krise zu verbergen.“

Nach den aktuellen Umfragen wird „Podemos“ zur viertstärksten Partei werden. Deren Generalsekretär Pablo Iglesias hofft trotzdem zumindest auf eine Beteiligung an einer neuen Regierung – je stärker „Podemos“ abschneide, desto eher sei es möglich, dass die Sozialisten „sich besinnen und auf eine soziale Politik setzen“. Es gehe darum, sich mit der sozialistischen Partei PSOE auf ein gemeinsames „Projekt der Veränderung“ zu einigen.

„Podemos“ will die „Rückkehr“ zu einer „wirklichen Demokratie“ und ein Ende der „Austerität“. Für die Verelendung breiter Teile der Bevölkerung und den Abbau der Demokratie macht die Partei die „Kaste“ verantwortlich – das Establishment der großen Parteien, der Lobbyisten und der Banken. Wenn „Podemos“ von der „Kaste“ statt von gesellschaftlichen Klassen spricht, heißt das auch: In den Reden von Iglesias sucht man umsonst nach Worten wie Gewerkschaft oder gewerkschaftlicher Kampf – ihm geht es stattdessen um „Bürgerbewegungen“. Gegen die asoziale Politik der EU setzt er auf Verhandlungen über die Staatsschulden im Rahmen der EU. Im Vergleich zu Griechenland habe Spanien dabei bessere Ausgangsbedingungen, weil Spanien innerhalb der Eurogruppe ein größeres Gewicht hat.

Vor dem Wahlkampf hatte die Vereinigte Linke (IU), in der die Kommunistische Partei Spaniens (PCE) eine wichtige Rolle spielt, vorgeschlagen, eine breite gemeinsame Liste der Linken aufzustellen. „Podemos“ lehnte eine solche Einheitskandidatur der Linken auf nationaler Ebene ab – stattdessen läuft ihre Politik darauf hinaus, Mitglieder und Kader der IU abzuwerben.

Ein starkes Abschneiden von „Podemos“ könnte dazu beitragen, die bisherige Dominanz der beiden großen Parteien zu beenden – zu einer tatsächlichen Veränderung der Kräfteverhältnisse wird „Podemos“ nicht beitragen. „Podemos“ war mit der griechischen Syriza verglichen worden und arbeitet mit ihr zusammen. Als im spanischen Parlament die neuen „Sparmaßnahmen“ zur Abstimmung standen, die den Griechen durch ihre Regierung und die EU im Rahmen des dritten Memorandums verordnet worden waren, stimmten die Abgeordneten der IU dagegen. Die „Podemos“-Mandatsträger stimmten dafür.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Projekt für etwas anderes", UZ vom 18. Dezember 2015



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Haus.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit