Das Parteiprogramm von 2006 beschreibt das sozialistische Ziel und die Strategie, also den Weg zum Sozialismus über eine Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt. Schon im Zuge der Zurückdrängung der Allmacht des Monopolkapitals, nicht erst als Merkmal des Sozialismus, nennt das Programm als wesentlichen Schritt: die Überführung der Banken und Versicherungen sowie der produktions- und marktbeherrschenden Konzerne in demokratisch kontrolliertes öffentliches Eigentum. Es empfiehlt sich als Bezugstext, wenn wir die aktuellen Kampfbedingungen bzw. Kampffelder einschätzen wollen.
Der vom 22. Parteitag beschlossene Leitantrag („Arbeit, Frieden, Solidarität“) blieb meist ungelesen. Zwar forderte er zum Thema Klimaveränderung allgemein „weitreichende Eingriffe in die gesellschaftliche Produktion und ihre räumliche Ausgestaltung, die unweigerlich mit den herrschenden Eigentumsverhältnissen in Konflikt geraten“ (S. 16). Wir wehren uns allenfalls allgemein gegen die Privatisierung öffentlichen Eigentums (S.16), die Analyse wird indes nicht bis zur Forderung nach Vergesellschaftung der Energiekonzerne getrieben. Immerhin wird der Mangel im neuen Leitantrag an den 23. Parteitag annähernd behoben.
Als Bezugstext für den neuen Beschluss scheint der alte Leitantrag dennoch wenig geeignet, da er immer noch Fehler enthält. Beispielsweise:
1. Die falsche Behauptung, dass sich die Rolle der Eigentümer der Produktionsmittel und des Finanzkapitals in immer stärkeren Maße auf das Abschöpfen der Profite reduziere. (S. 4)
2. Die falsche These, dass Trump massiv vom militärisch-industriellen Komplex und den „Falken“ der US-Außenpolitik bekämpft werde. (S. 18)
3. Zudem taucht die irrige Vorstellung von der „rasanten Entwicklung der Produktivkräfte“ aus dem Leitantrag des 21. Parteitags in dem des 22. Parteitags als Produktivkraftsprung bzw. Sprung der Produktivkraftentwicklung (S. 12) wieder auf. Beide Formulierungen stellen aber die historische Fälligkeit des Sozialismus in Frage, solange dem Sprung bzw. der rasanten Entwicklung nicht die vielfältigen Entwicklungshemmungen der Produktivkräfte, gar Destruktivkräfte gegenübergestellt werden. Denn laut Marx tritt eine Epoche sozialer Revolution erst dann ein, wenn aus Entwicklungsformen der Produktivkräfte diese Verhältnisse in Fesseln derselben umschlagen (Vorwort zur Kritik der politischen Ökonomie, MEW 13, 8–9).
Tatsächlich beobachten wir gegenwärtig viele demokratische Massenbewegungen, die letztlich derartige Produktivkraft-Fesseln zum Anlass haben. Auch die Verschiebungen der globalen Kräfteverhältnisse erklären sich als Folge unterschiedlich wirksamer Entwicklungen bzw. Hemmungen von Produktivkräften, letztlich durch einen beginnenden Wandel der Produktionsweisen. Als Folge ist zu registrieren, dass die „Offensive des Monopolkapitals“ nicht mehr reibungslos verläuft (Leitantrag „Unsere Kampffelder.“, Zeile 23).
Immerhin gab der 22. Parteitag noch eine Vorstellung von der Krise, die zunächst mal eine Überproduktionskrise ist. Ihr reinigender Charakter bleibe indes aus („Arbeit, Frieden, Solidarität“, S. 10). An dieser Stelle hätten Schlussfolgerungen ihren Platz gehabt. Die fällige Forderung nach der Vergesellschaftung von Banken aber unterblieb, wenn man nicht die undeutliche Phrase „einer maximalen Entfaltung von Klassenkämpfen, um so konkret wie möglich Banken und Konzerne ins Visier zu nehmen“ (S. 25) dafür halten soll
Der wachsende Widerspruch von gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung beginnt ins Massenbewusstsein zu dringen. Diesem Umstand wird im Leitantag an den 23. Parteitag („Unsere Kampffelder … „) Rechnung getragen. Es wird die Vergesellschaftung von Grund und Boden (Zeile 137), der Banken und Versicherungen (Zeile 137), der Energiekonzerne (Zeile 592), der privaten Wohnungsgesellschaften (Zeile 539) und der Eisenbahn (Zeile 573–575) gefordert, wenn auch unter dem Vorbehalt, dass „Verstaatlichungsmaßnahmen, insbesondere Entschädigungsregelungen, nicht zu einer zusätzlichen Bereicherung der Monopole führen dürfen“ (Zeile 316–318). Nun hat allerdings das staatsmonopolistische System der Bundesrepublik Deutschland ebenso wie die EU den Zweck, die Monopole „zusätzlich zu bereichern“. Häufig durch Privatisierung.
Wir dagegen sind gefordert, Bewegungen mit dem Ziel von Vergesellschaftung zu stärken, Artikel 14 und 15 des Grundgesetzes zu verteidigen sowie auf Art und Ausmaß der vom Grundgesetz vorgesehenen Entschädigung Einfluss zu nehmen, um letztlich die Macht der Monopole einzuschränken. Denn „die Kommunisten unterstützen überall jede revolutionäre Bewegung gegen die bestehenden gesellschaftlichen und politischen Zustände. In allen diesen Bewegungen heben sie die Eigentumsfrage, welche mehr oder minder entwickelte Form sie auch angenommen haben möge, als die Grundfrage der Bewegung hervor.“ (MEW 4, 493).