Unter dem Vorwand, eine Milliarde Euro bis 2023 im System „zu sparen“, die angeblich den Patienten zugute kommen soll, will die ÖVP/FPÖ-Regierung in Wahrheit die Selbstverwaltung der Krankenkassen aushöhlen, die Unternehmerbeiträge senken und die Privatisierung vorantreiben.
Das System der Krankenversicherung in Österreich soll in seinen Grundfesten erschüttert werden. Die 21 Sozialversicherungsträger – darunter u.a. die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) und die Pensionsversicherung – sollen auf fünf zusammengeschmolzen werden. Ein Hauptteil ist die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen (GKK). Statt der neun eigenständigen Landeskassen soll es nur noch eine Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) geben, die die Beiträge einzieht und Budget- und Personalhoheit hat. Die GKKs sollen zu Landesstellen degradiert werden.
Damit wird das Ende der Selbstverwaltung eingeläutet. Die Eigentümerin der Versicherung ist nicht die Regierung, sondern es sind die 8,7 Millionen Versicherten. Der Großteil der Beiträge – ca. 90 Prozent – stammt aus ihren Löhnen und Gehältern. Deswegen wurden die Kassen bisher vor allem von deren Interessenvertretung verwaltet. Jetzt wird diese – und damit die Versicherten – entmachtet. Bisher hatten die Versichertenvertreter in den Entscheidungsgremien die Mehrheit, nur im Kontrollgremium waren die Unternehmer in der Überzahl. Künftig werden in dem neuen zentralisierten Entscheidungsgremium der ÖGK die arbeitenden Menschen nur mehr die Hälfte der Vertreter stellen dürfen. Im übergeordneten Dachverband erhalten die Dienstgeber eine 6:4 Mehrheit. Die Vertreter der Wirtschaft bekommen damit enorme Macht in der Krankenkasse, in der sie selbst gar nicht versichert sind.
„Künftig würde also die Wirtschaft entscheiden, ob Arbeiternehmern eine medizinische Versorgung zusteht, ob eine Rehabilitation bewilligt wird oder wie mit erkrankten Kindern, Alten und Pflegebedürftigen zu verfahren sein wird“, kritisiert der Präsident der Arbeiterkammer Oberösterreich die Zerschlagung der gesetzlichen Kassen. Es drohen Leistungskürzungen, Teilkrankenstand, Teilprivatisierungen durch Selbstbehalte, Privatisierungen von Krankenhäusern.
Einsparungen im System zweifeln u.a. Rechnungshofpräsidentin und Gesundheits-Ökonom des unternehmernahen „Instituts für Höhere Studien“ an. In den Begleitunterlagen zum Gesetz hat das FPÖ-geführte Sozialministerium selber bis 2023 lediglich Einsparungen von 33 Millionen angeführt, von der eine Milliarde Einsparung meilenweit entfernt. Bei den Verwaltungskosten ist nicht zu sparen, denn bei den gesetzlichen Krankenversicherungen liegen sie in Relation zu den Gesamteinnahmen unter drei Prozent, bei privaten weit über 30 Prozent.
Also sind die Stellenstreichungen bereits vorgesehen: In den nächsten drei Jahren sollen zehn Prozent der Stellen durch Nicht-Nachbesetzungen gekürzt werden, in zehn Jahren 30 Prozent. Alle Patienten sollen angeblich gleiche Leistungen für gleiche Beiträge erhalten. Da aber weitere Kassen vorgesehen sind, unter andrem für Selbständige, Beamte und Bauern, werden alle, die keine oder nur kleine Finanzierungsbeiträge leisten können, in der neuen ÖGK versichert. Da kein Risikoausgleich vorgesehen ist, gilt zukünftig noch mehr: In der ÖGK wird es die geringsten Leistungen geben.
Hinzu kommt, dass die Regierung bereits beschlossen hat, den Beitrag der Unternehmer, die die Unfallversicherungsanstalt alleine bezahlen, jährlich um 430 Millionen zu senken. Leistungen, die dort bisher erbracht wurden, werden nun entweder gestrichen oder auf die ÖGK übertragen. Dort müssen sie zur Hälfte von den Beschäftigten finanziert werden.
Die KPÖ-Steiermark fordert ein Verschlechterungsverbot für die Versicherten und eine Garantie, dass es zu keinen Leistungskürzungen und neuen Selbstbehalten kommt. Auch Privatisierungen müssen ausgeschlossen werden. „Wenn es wirklich nur um eine Vereinfachung der Verwaltung geht, soll die Regierung eine Garantie abgeben. Leider ist zu befürchten, dass es in Wirklichkeit um politische Umfärbung und um eine Leistungskürzung geht. ÖVP und FPÖ wollen auf Kosten des öffentlichen Gesundheitssystems private Gesundheitskonzerne fördern“, so die steirische KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler.
Ihre Befürchtungen sind berechtigt: Schon berichten Medien, die Regierung plane im Zuge der Sozialversicherungsreform mit 146 Mio. Euro den Fonds der Privatkrankenanstalten mitzufinanzieren. Damit könne auch die Privatklinik Währing des Schönheitschirurgen Worseg, dem ein Naheverhältnis zu Vizekanzler Strache nachgesagt wird, in den Genuss dieser Förderungen kommen.