Australische Regierung finanziert Profite in der Altenpflege

Profite bis zum Tod

Von Anna Pha Aus „The Guardian“, Australien / UZ

Stationäre Alten „pflege“ ist ein großer Geschäftszweig geworden und wird jeden Tag größer. Die australische Regierung subventioniert einen aufkeimenden Privatsektor, der nach Profiten in Milliardenhöhe strebt. Wenn es um Profite geht, scheint es kein Ende zu geben, selbst wenn es Leben kostet.

In der Sendung „Four Corners“ zeigte der Fernsehsender „ABC“ einige Fallstudien, die den physischen Missbrauch einiger der verwundbarsten Menschen unserer Gesellschaft zeigen: das Tyrannisieren von Demenzpatienten, Essen, dass nicht den diätetischen Anforderungen entspricht, einen Mangel an physischer und psychischer Stimulation und Menschen, die so lange Überdosen von Medikamenten bekommen, bis sie sterben.

Diese Praktiken sind nicht neu, sie sind seit Jahren bekannt. Aufeinanderfolgende Regierungen haben darin versagt, die Situation anzugehen. Studien über Studien haben die kritische Situation festgehalten, die sich in den letzten Jahren durch die rapide Ausbreitung des privaten Sektors noch verstärkt hat. Die zahlreichen Empfehlungen der Studien blieben zum größten Teil unbeachtet.

Es ist nicht genug, dass die Menschen ihr gesamtes Arbeitsleben lang ausgebeutet werden, Steuern zahlen und die nächste Generation an Arbeitern aufziehen. Nein, der Kapitalismus hat ein weiteres Mittel gefunden, die Menschen zur Erzeugung von Profit zu nutzen: ihnen in der Dämmerung ihres Lebens die Würde zu nehmen.

Im März diesen Jahres startete der „Australische Pflege-und Geburtshilfe-Verband“ (ANMF), der auch die Altenpfleger repräsentiert, eine Kampagne, um einen Pflegeschlüssel in der Altenpflege gesetzlich zu verankern.

Die Generalsekretärin der ANMF, Annie Butler, sagte: „Pflegekräfte rackern sich ab, weil es einfach nicht genügend von ihnen gibt, während sich im vergangenen Jahr die Besitzer von Altenpflegeeinrichtungen über eine Milliarde (australische) Dollar Profite in die Tasche stopften und die Anzahl an Pflegekräften und Pflegestunden für die Bewohner reduzierten.“

Die extreme Unterbesetzung und die fehlenden Regularien für Altenpflegeheime bedeuten, dass in fast jeder Kommune in Australien ältere Menschen nicht die Behandlung bekommen, die sie brauchen. Sie werden nicht anständig ernährt, hydratisiert oder bekommen nicht gefahrlos ihre Medikamente und sie erfahren unnötigen Schmerz, unnötiges Leid und vorzeitigen Tod, sagt die Gewerkschaft. „Allzu häufig gibt es nur eine examinierte Pflegekraft, um für die Pflege von über 100 Altenheimbewohnern zu sorgen, oder nur eine Hilfskraft, um 16 Bewohner in einer Stunde zu füttern, baden, anzukleiden und zu mobilisieren“, so Butler. Das sind drei Minuten und 45 Sekunden für jeden Bewohner.

Es ist schwer zu glauben, aber es gibt keinen festgelegten Schlüssel für das Verhältnis Pflegekräfte/Bewohner in der Altenpflege und kein Gesetz, um sicherzustellen, dass unsere Alten die Pflege bekommen, die sie benötigen.

Es ist nicht nur der Pflegeschlüssel, der geschaffen werden muss. Es fehlt an Regularien, an Fortbildungen für die nicht ausgebildeten Pflegekräfte, es werden nur Hungerlöhne gezahlt und die Altenpflege wird immer mehr nur für den Profit betrieben.

Einer der Gründe, warum es nicht genügend qualifizierte Pflegekräfte gibt, sind die entsetzlich geringen Löhne, die dem Personal gezahlt werden. Altenpflegekräfte verdienen zwischen 20,12 und 24,44 Dollar in der Stunde, erschreckend wenig dafür, dass eine examinierte Pflegekraft einen Universitätsabschluss benötigt. Um monatlich über die Runden zu kommen, sind die Pflegekräfte von Schichtzulagen, Überstunden und Wochenendzuschlägen abhängig.

Die Pflegekräfte sind zum größten Teil weiblich. Die Arbeit ist sehr anspruchs- und verantwortungsvoll, nichts davon spiegelt sich in den Arbeitsbedingungen oder der Vergütung wider.

Die Altenpflegeindustrie ist in hohem Maße abhängig von Migranten, Studenten und anderen Menschen, die willens sind, so eine niedrige Bezahlung zu akzeptieren. Es ist eine Art von Arbeit, in der Kommunikation unerlässlich ist und es ist erstaunlich, wie viele Pflegekräfte schlecht Englisch sprechen, was die Verständigung zum Beispiel mit schwerhörigen Menschen sehr schwer macht.

Fast 40 Prozent aller Altenpflegeplätze in Australien werden von profitorientierten Unternehmen angeboten. Die größten sechs stellen dabei fast 20 Prozent der Betten. Im Finanzjahr 2016/2017 haben diese profitorientierten Unternehmen fast 2,17 Milliarden Dollar an steuerfinanzierter staatlicher Subventionen bekommen, das sind fast 72 Prozent ihrer Einnahmen von über drei Milliarden Dollar. Für das gleiche Jahr gaben die Firmen einen Gewinn nach Steuern von über 210 Millionen Dollar an, doch nach einem von der ANMF in Auftrag gegebenen Gutachten waren die operativen Gewinne deutlich höher.

Die Studie „Steuervermeidung bei profitorientierten Altenpflegefirmen: Gewinnverschiebung öffentlicher Mittel“, die vom „Steuergerechtigkeits-Netzwerk Australien“ vorgelegt wurde, kommt zu dem Schluss, dass „sie Schlupflöcher im System suchen und Unternehmensstrukturen und -taktiken clever verschleiern, um den operativen Gewinn zu erhöhen und Steuern zu vermeiden, während sie generöse, vom Steuerzahler finanzierte Regierungssubventionen ausnutzen. […] Im Ergebnis wurden Regierungsbudgets aufgebraucht und öffentliche Dienste wurden gekürzt oder sind stark unter Druck, trotz des steigenden Bedarfs. Dies ist der Fall bei der Altenpflege und anderen öffentlichen Diensten in Australien.“

Die stationäre Altenpflege steckt in einer tiefen Krise, ältere Menschen leiden unnötig und das Personal wird über ein menschenwürdiges Maß hinaus gefordert. Der private, profitorientierte Sektor ist nicht in der Lage die Situation zu verbessern, er trägt am meisten zu der Krise bei.

Übersetzung: Melina Deymann

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"Profite bis zum Tod", UZ vom 19. Oktober 2018



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