Mit der Explosion der Mieten und der Aussichtslosigkeit, eine bezahlbare Wohnung zu finden, ist eine neue Mieterbewegung entstanden. Zehntausende Menschen beteiligten sich seit 2018 an den Mieterprotesten in Berlin, München, Hamburg und vielen anderen Städten. In Berlin wurden tausende Unterschriften gesammelt für die Forderung, die Wohnungskonzerne zu enteignen. Der Berliner Senat beschloss erstmalig ein Gesetz zur Deckelung der Mieten für die nächsten fünf Jahre. Mit 50.000 Unterschriften wurde in Bayern ein Volksbegehren gestartet, das die Mieten für sechs Jahre einfrieren soll. Städteplaner, Kommunalpolitiker und Mieterinitiativen fordern heute – wie schon vor 50 Jahren – eine Änderung des Bodenrechts.
Die Wurzel des Übels
Private Investoren orientieren sich nicht am Gemeinwohl. Sie bauen Wohnungen nur dann, wenn sie Renditen erzielen. Der kapitalistische Wohnungsmarkt versorgt deshalb ausschließlich die Besserverdienenden und nicht diejenigen, die auf preiswerte Wohnungen angewiesen sind. Solange das so ist, solange Wohnungen zum Zweck des Profits gebaut und vermietet werden, wird es für die Mehrheit der Bevölkerung keine erträglichen Mieten geben.
Das Hauptinstrument des Staates, um die teuren Mieten erträglicher zu machen, ist seit Jahrzehnten das Wohngeld, das Paradestück „sozialer Marktwirtschaft“, eine staatliche Subvention, die die Mieten nicht senkt, sondern weitere Mietpreissteigerungen ermöglicht. Wohngeldzahlungen und die staatlichen Ausgaben für die Kosten der Unterkunft bei der sozialen Grundsicherung verschlingen inzwischen die astronomische Summe von 18 Milliarden. Euro jährlich.
Voraussetzungen für eine soziale Wohnungs- und Mietenpolitik sind:
1. Mietpreisstopp
Die geltenden Mieterhöhungsgesetze schützen nicht die Mieter, sondern garantieren ständig steigende Profite der Eigentümer. Dreh- und Angelpunkt zur Verhinderung weiterer Mieterhöhungen sind deshalb ein Mietpreisstopp und eine gesetzliche Mietpreisbegrenzung. Eine solche Regelung muss aber dauerhaft gelten. Sie darf nicht befristet sein, wie im Gesetz des Berliner Senats oder beim Bayerischen Volksbegehren.
Nach einem Mietstopp müssten die Mieten auf die tatsächlichen Bewirtschaftungskosten einer Wohnung gesenkt werden. Diese liegen bei circa 3,50 Euro pro Quadratmeter. Dazu gehören die Betriebskosten von 1,75 Euro (zum Beispiel die Umlagen städtischer Gebühren), die Verwaltungskosten von 0,40 Euro, das Mietausfallwagnis von 0,12 Euro und eine Instandhaltungspauschale von 1,25 Euro pro Quadratmeter. Dass sozial tragbare Mieten auf Dauer möglich sind, beweisen heute schon viele Wohnungsgenossenschaften, die mit Mieten von circa 6 Euro pro Quadratmeter Gewinne machen, die sie in den Wohnungsneubau investieren.
Mietpreisstopp und Mietpreisbegrenzung sind nicht nur die entscheidende Barriere gegen die Mietpreistreiberei, sondern auch die wirksamste Waffe gegen Umwandlungsspekulation und Mietervertreibung.
Zweifellos würden sich private Investoren, wenn sie keine Rendite mehr machen, aus dem Wohnungsbau zurückziehen. Für die Mehrheit der Wohnungssuchenden ist das aber kein Schaden, weil sie sich die angebotenen hochpreisigen Wohnungen ohnehin nicht leisten können.
2. Sozialer Wohnungsbau
Als zweite Säule einer sozialen Wohnungspolitik braucht es deshalb ein ambitioniertes Wohnungsbauprogramm, das aus staatlichen Mitteln finanziert und ausschließlich mit gemeinnützigen und genossenschaftlichen Trägern verwirklicht wird.
Sozialen Wohnungsbau, der diesen Namen verdient, kann es überhaupt nur unter Ausschaltung der Kapital- und Bankprofite geben. Ohne die Profite der Eigentümer, der Banken und Grundstücksspekulanten könnten die Mieten problemlos bei 6 Euro pro Quadratmeter liegen.
Die bisherige Förderpraxis mit befristeten öffentlichen Darlehen ist dabei ein völlig untaugliches Modell. Die Anzahl der geförderten Sozialwohnungen ist dadurch und durch die drastische Kürzung der Fördermittel des Bundes in den letzten 30 Jahren dramatisch geschrumpft. Von den ehemals mehr als fünf Millionen Sozialwohnungen in der BRD und den vier Millionen kommunalen Wohnungen der früheren DDR sind heute nur noch 1,2 Millionen übrig geblieben.
Die Behauptung, dass für einen staatlich finanzierten Wohnungsbau die dafür notwendigen umfangreichen öffentlichen Gelder fehlen, dass Wohnungsbau nur über den privaten Kapitalmarkt finanziert werden kann, ist ein beliebtes Märchen. Seit jeher wird der sogenannte freifinanzierte Wohnungsbau einschließlich aller Luxusimmobilien, Zweit- und Drittwohnungen vom Staat großzügig mitfinanziert. Die staatlichen Steuersubventionen für private Eigentümer und die großen Wohnungsunternehmen sind sogar wesentlich höher als die tatsächlichen Herstellungskosten. Die Mieter haben davon nichts.
3. Vergesellschaftung von Grund und Boden
Wohnungsbauunternehmen und die meisten Kommunalpolitiker behaupten, dass die hohen Grundstückspreise verantwortlich für die teuren Mieten sind. In Wirklichkeit verhält es sich genau umgekehrt. Richtig daran ist nur, dass Genossenschaften und gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften auf teuren Grundstücken keine Wohnungen mit preiswerten Mieten errichten können. Die Mietpreise privater Eigentümer und Wohnungsunternehmen aber steigen völlig unabhängig davon, wie teuer oder wie billig der Bodenpreis war, sie steigen, wenn die Nachfrage groß ist und Wohnungen knapp sind.
Der Bodenpreis dagegen ergibt sich aus seiner Nutzung, dem Ertrag und der Rendite, die auf einem Grundstück erzielt werden kann. Je teurer die Büro-, Laden- oder Wohnungsmieten sind, desto teurer ist auch das entsprechende Grundstück. Der Kauf- oder Verkaufspreis, der für ein Grundstück bezahlt werden muss, ist deshalb nicht der Preis für den Boden, sondern der Kauf der Rendite, die auf dem betreffenden Grundstück erzielt werden kann.
Dabei ist die Versorgung mit bezahlbaren Wohnungen nur eines von vielen Problemen, die die Vergesellschaftung und demokratische Kontrolle von Grund und Boden erforderlich machen. Das Hauptproblem ist, dass unter Beibehaltung des kapitalistischen Bodeneigentums und seiner Verwertungslogik eine an den Bedürfnissen der Allgemeinheit und eine an ökologischen Erfordernissen und Zukunftsperspektiven ausgerichtete Stadtplanung und Stadtentwicklung verhindert wird.