Perus Regierung lädt US-Truppen ein und erhöht Rüstungsausgaben. Armut im Land wächst

Prioritäten gesetzt

Theo Mai

Die Proteste in Peru gegen die Putschistenregierung um De-facto-Präsidentin Dina Boluarte sind vorerst abgeflaut, von politischer oder gar sozialer Stabilität ist der Andenstaat jedoch nach wie vor weit entfernt. Erst kürzlich erhob Amnesty International erneut den Vorwurf brutaler Polizei- und Militärgewalt während Protesten, bei denen über 70 Menschen ihr Leben ließen. Die Polizeidirektion in Juliaca – dem Ort, an dem an nur einem Tag 18 Protestierende ermordet wurden – hat zugegeben, mit Sturmgewehren auf die Demonstrierenden geschossen zu haben. Neben Amnesty wiesen auch die Vereinten Nationen und die Interamerikanische Menschenrechtskommission (IACHR) auf erhebliche Menschenrechtsverstöße seitens der peruanischen Behörden hin und forderten eine umfassende und lückenlose Aufklärung seitens der peruanischen Justiz.

Boluarte sucht währenddessen die Schuld an der Gewalteskalation und den Todesopfern weiterhin bei den unbewaffneten Demonstranten. Zudem konzentriert sie sich auf die Intensivierung der Zusammenarbeit mit den USA, die mit der ehemaligen CIA-Agentin und US-Botschafterin in Lima, Lisa Kenna, nachweislich am Putsch gegen den Präsidenten Pedro Castillo beteiligt waren und den Putschisten bis dato ihre volle Unterstützung zusicherten. So verabschiedete der von der peruanischen Rechten dominierte Kongress Ende Mai ein Gesetz, nach dem 1.200 bewaffnete US-Soldaten vom 1. Juni bis 31. Dezember zu „Kooperationsmaßnahmen mit den Streitkräften und der Polizei Perus“ in 15 Regionen des Landes stationiert werden sollen. Zudem ist das US-Militär befugt, „Unterstützung und Hilfe bei Sondereinsätzen“ zu leisten.

Mehrheitlich sind die Regionen, in denen das US-Militär zum Einsatz kommen soll, Gegenden der peruanischen Anden, in denen die Proteste und die Unterstützung für den inhaftierten Castillo am größten sind. Der Generalsekretär des peruanischen Gewerkschaftsverbandes (CGTP) sprach dabei von einer „inakzeptablen ausländischen Einmischung in die inneren Konflikte Perus“. Die ehemalige Frauenministerin Anahí Durand kritisierte zudem, dass dies der nächste Schritt der Aufgabe nationaler Souveränität sei, nachdem die Putschisten keine Zeit verschwendet hatten, nach ihrer Machtergreifung Lithium und andere Ressourcen an ausländische Konzerne zu verscherbeln.

Zudem berichtete die peruanische Tageszeitung „La República“, dass die Boluarte-Regierung gedenke, 323 Millionen US-Dollar für das peruanische Militär auszugeben. Der Großteil davon solle in die Luftwaffe fließen. Ein mehr als zynischer Vorgang, bedenkt man, dass der Hurrikan Yaku erst vor drei Monaten in weiten Teilen des Landes Infrastrukturschäden von genau jenen 323 Millionen US-Dollar angerichtet hat. Zudem wird das Geld auch nicht nur für die durch Naturkatastrophen angerichteten Schäden gebraucht, wie eine neue Studie des Nationalen Institutes für Statistik und Informatik zeigt: Demnach wächst die Armut in Peru immer weiter, über neun Millionen Menschen – etwa 28 Prozent der Bevölkerung – sind betroffen. Ein Drittel der Bevölkerung ist medizinisch unterversorgt, ein Drittel der Sechs- bis Elfjährigen haben kaum oder keinen Zugang zum Bildungssystem und über 20 Prozent der Bevölkerung leben in unfertigen Gebäuden. Zwei Drittel der Erwerbstätigen sind zudem keinem Rentensystem angeschlossen. Diesen Tatsachen wollte Pedro Castillo mit umfassenden Sozialreformen begegnen, wofür er mit tatkräftiger Unterstützung der USA von der peruanischen Rechten abgesetzt wurde. Dem Ausverkauf und der Verarmung des Landes sind damit aktuell keine Grenzen mehr gesetzt.

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"Prioritäten gesetzt", UZ vom 16. Juni 2023



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