Hausdurchsuchungen bei Radio Dreyeckland

Pressefreiheit war gestern

Anti-Repressions-Kolumne

Am Morgen des 17. Januar klopfte es unsanft bei zwei Privatwohnungen von Radiojournalisten sowie den Geschäftsräumlichkeiten des freien Radios Dreyeckland in Freiburg. Vor der Tür standen Polizeieinheiten und die Staatsanwaltschaft Karlsruhe. Doch was genau könnte wohl der Grund dafür sein, dass Polizei und Staatsanwaltschaft einen derart schweren Eingriff in die Pressefreiheit vornehmen, wo sich die BRD doch sonst bei jeder sich bietenden Gelegenheit damit brüstet?

Einmal mehr wurde das Verbot der Internetplattform linksunten.indymedia als Vorwand bemüht. Offiziell heißt das dann: Ermittlungen wegen eines angeblichen „Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot“ nach Paragraf 85 StGB.

Wir erinnern uns: 2017 gab es Durchsuchungen und Beschlagnahmungen, unter anderem im Freiburger Kulturzentrum KTS. Angeblich sollte linksunten.indymedia ein Verein sein, damit er besser kriminalisierbar ist. Faktisch ging es bei dem Verbot aber nicht um einen Verein oder einen gefährlichen Personenzusammenschluss, sondern um das Abschalten einer Internetplattform, auf der missliebige linke politische Inhalte zu finden waren. Es half aber alles nichts, nach fünf Jahren rumermitteln und Geld verbrennen wurde das Verfahren wegen des Fehlens eines hinreichenden Verdachtes eingestellt.

Von Anfang an medial begleitet hat dieses Ermittlungsverfahren das jetzt betroffene freie Radio Dreyeckland. Es berichtete natürlich auch über die Einstellung des Verfahrens im Juli 2022 und veröffentlichte dazu einen Link auf das Archiv der Internetplattform Indymedia.linksunten. Und genau dieser Link war nun der Vorwand, um in den Sender zu marschieren. Die Staatsanwaltschaft behauptet, Radio Dreyeckland sei der „verlängerte Arm“ der Internetplattform und müsse als solcher verfolgt werden.

Eine solch dreiste Argumentation sollte uns alle aufhorchen lassen. Wer also über die Verfolgung von linken Medienprojekten berichtet und einen Link setzt, damit Leserinnen und Leser sich ein Bild machen können, wird nicht nur automatisch zur „Nachfolgeorganisation“, sondern wird selbst verfolgt. Wenn sich diese Rechtspraxis durchsetzt, haben linke Journalistinnen und Journalisten in Deutschland bald noch weniger zu lachen als zuvor. Dagegen hilft nur die Solidarität der Medienschaffenden und einer kritischen linken Öffentlichkeit, die sich dieser Entwicklung widersetzt. Für den Anfang: Schreibt Solidaritätserklärungen und hört mehr Radio Dreyeckland!

Unser Autor ist Bundessprecher der ­Roten Hilfe e. V.

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"Pressefreiheit war gestern", UZ vom 3. Februar 2023



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