Ethecon ehrt kenianische Umweltaktivistin Phyllis Omido. Den Negativpreis erhält Amazongründer Jeffrey Bezos

Preisverleihung unter Pandemiebedingungen

Die Corona-Pandemie hat in diesem Jahr auch die Stiftung „Ethik & Ökonomie“ (ethecon) vor neue Herausforderungen gestellt, die am Samstag ihre diesjährigen Positiv- und Negativ-Preise erstmals nur im Rahmen einer virtuellen Veranstaltung verliehen hat.

Mit Beginn der Pandemie wird immer mehr Menschen bewusst, dass es ein „Weiter so“ in der Umwelt- und Klima-, aber auch der Wirtschaftspolitik nicht geben kann. Vor diesem Hintergrund verwundert kaum, dass die Wahl für den „ethecon“-Negativpreis „Dead Planet Award 2020“ in diesem Jahr auf Jeffrey Bezos, den Gründer des Onlinehändlers Amazon fiel. Als leitender Vorstand, Firmengründer und größter Aktionär des Mega-Monopols trage dieser „die Verantwortung für den weltweiten Abbau von Arbeitsrechten, die Verschlechterung von Arbeitsverhältnissen, die Zerstörung der Existenzen von Millionen Einzelhändlern, umfassende Überwachung, unabsehbare Schädigungen menschlicher Gesundheit, der Natur und des Erd-Klimas mit irreparablen Folgen für die Menschheit und den Planeten“, hieß es zur Begründung.

Tatsächlich gehört Amazon zu den Krisengewinnern. Allein im dritten Quartal 2020 wurden 96 Milliarden US-Dollar Umsatz gemacht – das sind 37 Prozent mehr als im Vorjahr, berichtet die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Zwischen Januar und September habe das Unternehmen einen Gewinn von 13,8 Milliarden Dollar eingestrichen. Trotzdem zeige sich das Unternehmen geizig, wenn es um die Entlohnung der Beschäftigten gehe. „Weiterhin verweigert Amazon in Deutschland einen Anerkennungstarifvertrag, durch den die in den Tarifverträgen für den Einzel- und Versandhandel vereinbarten Leistungen übernommen werden“. Schon seit Jahren verlangt ver.di bei Amazon den Abschluss eines Tarifvertrags für gute und gesunde Arbeit. „Die Erfahrungen der vergangenen Wochen und in diesen Tagen zeigen einmal mehr, wie berechtigt diese Forderung ist“, schreibt die Gewerkschaft auf einer eigens eingerichteten Internetseite zum Thema Amazon. Der Schutz der Gesundheit dürfe nicht vom guten Willen von Managern und Schichtleitern abhängig sein, sondern müsse zuverlässig und verbindlich geregelt werden, fordert die Arbeitervertretung dort außerdem. Bei der Preisverleihung von Sonnabend berichtete auch Chris Smalls aus den USA über die Arbeitsbedingungen beim besagten Online-Giganten. Smalls war mit fadenscheinigen Begründungen von Amazon gekündigt worden, nachdem er gegen die vorherrschenden Zustände protestiert hatte.

Insgesamt mehrere Dutzenden ließen es parallel zur Preisverleihung nicht nehmen, Kundgebungen an den Amazon-Sandorten in Berlin, Rheinsberg und Aachen durchzuführen, um gegen die Geschäftspraxis des Online-Kaufhauses und die als völlig inakzeptabel kritisierte Situation der Angestellten zu kritisieren.

Die Laudatio für die kenianische Menschenrechts- und Umweltaktivistin Phyllis Omido, die diesjährige Empfängerin des Internationalen „Blue Planet Award 2020“, hielt unterdessen die bekannte Flüchtlingsaktivistin und Kapitänin der „Sea Watch 3“, Carola Rackete. Diese lobte Omidos Engagement für Gerechtigkeit, Gesundheit, Umweltschutz und die Stärkung demokratischer Prinzipien und rief zur Solidarität mit deren Engagement auf, in dem man den Druck auf die Konzerne erhöhen solle.

Omido hatte sich in der Vergangenheit selbst von Mordanschlägen nicht einschüchtern lassen und erfolgreich die Schließung von Bleischmelz-Anlagen und Umwelt-Schutzmaßnahmen erkämpft. In der von ihre gegründeten Organisation CJGEA habe sie „sich konsequent für den Zugang zu sauberem Trinkwasser, die Reinigung der vergifteten Böden und sichere Arbeitsbedingungen“ stark gemacht. Aufgrund ihres Engagements für Gerechtigkeit, Gesundheit, Umweltschutz und die Stärkung demokratischer Prinzipien sei die Wahl auf Phyllis Omido gefallen, so die Stiftung.

Die Preisverleihung war mit einem Grußwort des Liedermachers Konstantin Wecker und einer Reihe von weiteren Statements und Filmsequenzen ergänzt worden. Der ursprünglich vorgesehene Auftritt des ver.di-Gewerkschafters Jan von Hagen, in dessen Rahmen unter dem Motto „Kämpfen statt Klatschen“ für ein solidarisches Gesundheitssystem hätte geworben werden sollen, musste aus Krankheitsgründen entfallen. Der Beitrag werde jedoch schnellstmöglich nachgeholt und ebenfalls gestreamt, kündigte Stiftungsgeschäftsführer Niklas Hoves am Sonntag an.

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