Konservative verloren absolute Mehrheit - Stimmengewinne für Opposition

Portugals Spar-Regierung abgestraft

Von ZLV

Portugal steht nach der Parlamentswahl vor einer schwierigen Regierungsbildung. Das konservative Lissabonner Regierungsbündnis mit seiner strengen Sparpolitik ist nach der Parlamentswahl am Sonntag in Bedrängnis geraten. Die Zwei-Parteien-Allianz „Portugal à Frente“ (PàF/Portugal voran) von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho ging zwar aus der Abstimmung als stärkste Kraft hervor, sie verlor aber die absolute Mehrheit im Parlament. Passos strebt dennoch eine neue Regierung an.

Die Oppositionsparteien, die die Sanierungspolitik beenden wollen, gewannen gemeinsam mehr als die Hälfte aller Sitze in der „Assembleia da República“. Aus ihrer Sicht haben die Wähler für einen Regierungs- und Politikwechsel gestimmt.

Bezeichnend für die ungewisse Lage war, dass Präsident Anibal Cavaco Silva, der nun eine Fraktion mit der Regierungsbildung beauftragen muss, am Montag erstmals den Feierlichkeiten zur Proklamation der Portugiesischen Republik am 5. Oktober 1910 fernblieb. Das Staatsoberhaupt müsse sich auf seine künftigen Maßnahmen konzentrieren, sagte ein Sprecher des Präsidialamtes.

Passos bezeichnete seine Allianz dennoch als „Siegerin“ und kündigte unter dem Jubel von Parteifreunden und Anhängern den Versuch einer Regierungsbildung an: „Wir werden dem Präsidenten der Republik sagen, dass wir zum Regieren bereitstehen.“

Auch der Spitzenkandidat der Sozialisten (PS) interpretierte das Ergebnis der Wahl anders als Passos. Der Wähler habe sich für einen Regierungswechsel ausgesprochen, sagte António Costa. Sowohl die PS als auch die Kommunisten und der „Linksblock“ ließen wissen, dass man eine konservative Regierung nicht mittragen und auch den von Passos als „oberste Priorität“ bezeichneten Haushalt für 2016 nicht absegnen werde.

Nach übereinstimmender Einschätzung von Medienbeobachtern steht Portugal vor einer schwierigen Regierungsbildung. Es sei davon auszugehen, hieß es, dass Staatsoberhaupt Cavaco zunächst die stärkste Fraktion mit der Regierungsbildung beauftragen werde.

Nach gut 50 Prozent der Stimmen im Jahr 2011 mussten sich die Konservativen diesmal mit insgesamt 38,38 Prozent begnügen. Zu den 36,8 Prozent von PáF kamen nach den offiziellen Endergebnissen 1,5 Prozent der Sozialdemokraten (PSD) von Passos auf der Insel Madeira, die solo angetreten waren, hinzu. Die Sozialisten, die den Sieg angestrebt hatten, kamen nur auf 32,38 Prozent und 85 Mandate. Der Linksblock (BE) erreichte 10,22 Prozent und bekommt 19 Sitze im Parlament. Die Kommunistische Partei Portugals (PCP) und die mit ihnen verbündeten Grünen (PEV) konnten die Zahl der Stimmen etwas verbessern und erreichten 8,3 Prozent (2011: 7,9 Prozent). In Wahlbezirk Porto konnte das Bündnis einen weiteren Sitz im Parlament erobern und kommt nun auf 17 Abgeordnete. PCP-Generalsekretär Jerónimo de Sousa erklärte nach der Wahl, die bisherige Regierung sei für ihre Politik von den Wählern abgestraft worden. Seine Partei werde weiterhin im Interesse der Mehrheit des Volkes konsequent gegen Austerität und den Ausverkauf des Landes eintreten.

Nach der Vergabe von 226 der insgesamt 230 Parlamentssitze bekamen die Konservativen diesmal nur 104 (2011: 132). Die noch offenen vier Parlamentssitze werden erst in den kommenden Tagen nach Auszählung der Stimmen der im Ausland lebenden Portugiesen vergeben.

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"Portugals Spar-Regierung abgestraft", UZ vom 9. Oktober 2015



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