Soziale und ökologische Konflikte haben sich nur verschlimmert

Polizeiübergriffe auf Umweltschützer

Von Markus Bernhardt

Das vergangene Wochenende war geprägt von Protesten der Umweltbewegung. Im Vorfeld der 23. Internationalen Klimakonferenz (COP 23) gingen in Bonn insgesamt mehr als 25 000 Menschen für Klimagerechtigkeit und gegen den Abbau von Braunkohle auf die Straße. „In 23 Jahren UN-Klimaverhandlungen haben sich der Klimawandel und die damit einhergehenden sozialen und ökologischen Konflikte nur verschlimmert. Das liegt daran, dass transnationale Konzerne massiven Einfluss auf die Verhandlungen nehmen, während die Stimmen und Interessen der Betroffenen kaum Beachtung finden“, kritisierte Johanna Winter vom Klimacamp.

An der Großdemonstration, die unter dem Motto „Klima schützen – Kohle stoppen“ stand, nahmen neben zahlreichen Umweltverbänden auch linke Gruppen und Gewerkschafter teil. Neben der besagten Bündnisdemonstration hatte der Zusammenschluss „Ende Gelände“ zu Aktionen des zivilen Ungehorsams im Rheinischen Braunkohlerevier aufgerufen. Trotz eines massiven Polizeiaufgebots war es den mehreren Tausend Aktivistinnen und Aktivsten an verschiedenen Stellen gelungen, den Tagebau Hambach zu betreten. Mit ihren Körpern blockieren sie erfolgreich Kohleinfrastruktur, um ihre Forderung nach einem sofortigen Kohleausstieg in die Tat umzusetzen. Der Energiekonzern RWE musste daraufhin den Betrieb von Kohlebaggern und den Betrieb eines Förderbandes im Tagebau einstellen.

„Wir sind Teil einer internationalen Graswurzelbewegung, die für eine globale Energiewende von unten eintritt. Fossile Energieträger müssen im Boden bleiben. Wir sind hier direkt am Ort der Zerstörung und setzen ein deutliches Zeichen für Klimagerechtigkeit. Gemeinsam sind wir viele, gemeinsam sind wir entschlossen und stark“, stellte Janna Aljets, Pressesprecherin von „Ende Gelände“ klar. Es könne nicht sein, dass es „‘legal‘ ist, für den Kohleabbau Dörfer und Wälder abzubaggern und durch die Verbrennung von Kohle den Klimawandel zu befeuern“. „Wenn die Gesetze die Zerstörung von Lebensgrundlagen schützen, dann müssen wir uns über sie hinwegsetzen – in unseren Augen ist unser Handeln legitim“, erläuterte Dorothee Häußermann, vom Bündnis „Ende Gelände“.

Vor den Aktionen des zivilen Ungehorsams hatten die Umweltschützer eine angemeldete Demonstration für Klimagerechtigkeit durchgeführt, an der sich über 4 500 Menschen im rheinischen Buir beteiligt hatten.

„Politik und Konzerne inszenieren sich auf internationaler Bühne als Klimaretter, während 50 Kilometer weiter das Klima verheizt wird. Wir wollen nicht mehr Braunkohleweltmeister sein, sondern unserer historischen Verantwortung gerecht werden. Deswegen gehen wir in die Kohlegruben und sorgen dort für Klimaschutz“, kommentiert Janna Aljets, Ende Gelände-Pressesprecherin, die erfolgreichen Proteste. Getrübt wurden diese von teils brutalen Übergriffen der eingesetzten Polizei. Diese ging ohne Anlass mit Massen an Pfefferspray gegen eine friedlich am Boden sitzende Gruppe von Protestierenden vor.

Das Rheinische Braunkohlerevier gehört mit drei aktiven Tagebauen und drei Kraftwerken zu den größten und umweltbelastenden Europas: Die rheinischen Kraftwerke stoßen zusammen 80 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr aus. Die bisherige Planung des Energieriesen RWE und der Regierung Nordrhein-Westfalens sieht vor, den Kohlebetrieb bis 2045 aufrecht zu erhalten. Dagegen wollen die Umweltschützer auch zukünftig protestieren.

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"Polizeiübergriffe auf Umweltschützer", UZ vom 10. November 2017



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