Unser Genosse Willi Hoffmeister aus Dortmund-Huckarde, Mitglied der VVN-BdA und der Deutschen Friedensgesellschaft schrieb in einem Leserbrief zur Nazi-Demo am 4.6. in Dortmund an regionale bürgerliche Zeitungen:
„… Eine Steilvorlage wurde den Nazis mit der Genehmigung ihrer Wunschdemostrecke durch Dorstfeld und Huckarde (nach Ablehnung der Nordstadt) erwiesen. Es bleibt ein Skandal, dass Nazis das Recht zugesprochen wurde, in zwei Stadtteilen zu demonstrieren, in denen seit Jahren die demokratische Stadtgesellschaft mit Erfolg gegen die braune Brut ankämpft – ja, dass sie in Huckarde, wenige Meter neben dem VVN-Gedenkstein für von den Nazis ermordete Antifaschisten, ihre rassistischen, menschenfeindlichen Sprüche auf einer einstündigen Zwischenkundgebung brüllen konnten.
Dies allein schon zeigt die ganze Unsensiblität der genehmigenden Verwaltungsbehörde die sich zu dem Versuch eines generellen Demonstrationsverbotes nicht durchringen kann, aber den demokratischen Widerstand hermetisch abriegelt!
Mussten sich nicht die gegen den Nazi-Aufmarsch Protestierenden zum Beispiel auf dem Huckarder Marktplatz angesichts fast aller abgesperrten Ausgangsmöglichkeiten praktisch eingekesselt fühlen? Dass die zum Platz ausgerichteten Rohre zweier Wasserwerfer nicht zur Deeskalation dienten, ist wohl auch nicht von der Hand zu weisen.
Die mit dem Gedenkstein geehrten Antifaschisten Karl Altenhenne und Bruno Nowak würden ihren lauten Protest erheben, so sie es noch könnten, angesichts von Rechten, die in Deutschland den Nachläufern einer verbrecherischen Vergangenheit immer wieder eingeräumt werden.“
Der von den Nazis ausgerufene „Tag der deutschen Zukunft“, zu dem seit jeher bundesweit mobilisiert wird und der bereits seit 2009 in jährlich wechselnden Städten stattfindet, kann von den Neofaschisten durchaus als politischer Erfolg gewertet werden. Über 5 000 Polizisten ermöglichten den rund 900 Faschisten am vergangenen Sonnabend einen Aufmarsch, der nahezu ungestört von antifaschistischen Protesten stattfinden konnte. Die von den Behörden genehmigte Demonstrationsroute, die durch die Stadtteile Huckarde und Dorstfed führte, kam den Faschisten durchaus gelegen. In Huckarde versuchten die Faschisten in den vergangenen Wochen und Monaten mehrfach und keineswegs frei von Erfolg, die Bevölkerung gegen Flüchtlingsunterkünfte in Stellung zu bringen. Auch Dortmunds ehemaliger Feuerwehrchef Klaus Schäfer, der schon vor einigen Jahren zu den Nazis übergelaufen war, trat bei den Protesten der Rechten als Redner auf.
Während das „offizielle Dortmund“ sich zum wiederholten Mal in Sonntagsreden und Allgemeinplätzen übte, ging die Polizei an mehreren Stellen mit brachialer Gewalt gegen friedliche Antifaschisten vor, die versuchten, den Aufmarsch der Nazis zu blockieren. Insgesamt etwa 4 000 Nazigegner waren den verschiedenen Aufrufen gefolgt. Vor allem die Unterstützerinnen und Unterstützer des antifaschistischen Bündnisses „BlockaDO“, welches den braunen Spuk mittels Sitzblockaden stoppen wollte, wurden Opfer der Angriffe der Staatsdiener. Ohne Vorwarnung sprühten diese friedlich am Boden sitzenden Nazigegnern Pfefferspray in die Augen und schlugen auf diese ein.
Auch Dortmunder Schülerinnen und Schüler, die gemeinsam mit dem örtlichen Schauspielhaus und dem Künstlerkollektiv „Tools for Action“ geplant hatten, den Aufmarsch der Rechten mit einer „Spiegelbarrikade“ zu stoppen, die aus aufblasbaren und zugleich überdimensional großen silbernen Würfeln bestand, wurden Opfer der ausufernden Polizeigewalt.
In einer Presseerklärung brachte die Polizei es gar fertig, aus den Theaterleuten „linksautonome Gewalttäter“ zu machen.
Harsche Kritik übte unterdessen „BlockaDO“ an der Polizei. „Die einseitige und kompensationslose Beschlagnahme von ÖPNV-Mitteln für die Nazis durch die Polizei bleibt völlig unverständlich und erweckt den Eindruck, dass die Polizei Partei für die Nazis ergreift“, so der antifaschistische Zusammenschluss. Im Zweifel setze die Polizei alle Hebel in Bewegung, um das Versammlungsrecht der Nazis durchzusetzen. Das gleichrangige Versammlungsrecht der Antifaschistinnen und Antifaschisten werde dagegen weiterhin mit Füßen getreten, lautete ein weiterer Vorwurf. „Aber das interessiert die Polizei anscheinend genauso wenig wie die massiven Verstöße gegen die Demonstrationsauflagen durch die Nazis, ‚HTLR‘-Fahnen, (…) volksverhetzende Sprechchöre“, kritisierte „BlockaDo“ weiter.
Das „Bündnis Dortmund gegen Rechts“ hatte sich bewusst dafür entschieden, unter dem Motto „Schöner leben ohne Nazis“ in der nördlichen Innnenstadt zu protestieren und dort verlegte „Stolpersteine“ für die Opfer des Hitlerfaschismus aufzusuchen. Begleitet wurde die Aktion der Nazigegner von der Trommlergruppe „MAPATO“. Das Ensemble des Theaterstücks „Mein Einsatzleiter“ (UZ berichtete) führte einige Szenen unter freiem Himmel auf.
Laut Polizei soll es am vergangenen Sonnabend zu insgesamt „22 freiheitsentziehenden Maßnahmen“ gekommen sein. Es dürfte indes dem nachsichtigen Verhalten der Beamten im Umgang mit den Nazis geschuldet gewesen sein, dass es im Anschluss an die Demonstration in Dorstfeld doch noch zu Auseinandersetzungen zwischen den extremen Rechten und der Polizei kam. Gegen 23 Uhr sollen rund 75 Faschisten in Dorstfeld mit Pfefferspray und Feuerlöscher angegriffen haben.
Wolfgang Richter, Kreisvorsitzender der DKP Dortmund, kritisierte gegenüber dieser Zeitung, dass die Ruhrmetropole von der Polizei in „eine Festung verwandelt“ worden sei und ernsthafter antifaschistischer Protest kaum möglich war. „Dieser Aufmarsch hätte verboten werden müssen. Das war stets unsere Forderung“. Antifaschistischer Widerstand sei nicht nur legitim, sondern auch dringend erforderlich. Das habe dieser Demotag erneut eindrucksvoll bewiesen, so Richter weiter.
Der nächste „Tag der deutschen Zukunft“ soll unterdessen im Juni 2017 in Karlsruhe stattfinden, wie die Nazis am Samstag bekannt gaben.