Politischer als Köln und Düsseldorf zusammen

Von Uwe Koopmann

Jacob Grimm und sein jüngerer Bruder Wilhelm  sowie der nachgeborene Dichterrebell Bertolt Brecht hätten ihre Freude daran gehabt, wie die Genossinnen des DKP-Frauenarbeitskreises Essen nach den literarischen Vorlagen eine wunderbare Matinee auf die Bühne des Essener Kulturzentrums „Zeche Carl“ zauberten. Da blieb kein Märchen kapitalismuskritisch unverfremdet und kein Auge trocken.

Die Aufführungen der Essener Genossinnen strahlen seit nahezu 30 Jahren aus dem DKP-Bezirk Ruhr auch in den nur vermeintlich humorvolleren Bezirk Rheinland-Westfalen hinüber. Jedes Jahr ein neues Motto mit karnevalesken Höhenflügen. Hintergründig und das passend zum Internationalen Frauentag lautete das Thema der diesjährigen Revue „Erzählt uns keine Märchen!“.

Im Sinne Brechts wurde eine Erzählerin eingebaut, verkörpert durch Frau Holle, die allerdings ihre Not mit Polareis und Schnee, Wind und Wetter hatte. Sie war der künstlich gesteigerten Erderwärmung hoffnungslos unterlegen. Wo sie auch hinsah: kapitalverursachte Katastrophen, von Plastik verschmutzte Meere, nitratbelastetes Trinkwasser. „Apfelsaft“ mit Apfelgeschmack.

Grandios gespielt: der Wolf, der sich als Kapitalvertreter der „BayerSanto AG“ verkleidet hatte. Rotkäppchen hatte mit ihm ihre liebe Not. An anderer Stelle machten sich die sieben Zwerge aus dem Staub. Und die Bemühungen der Prinzessin auf der Erbse, eine passende Wohnung zu finden, fanden ihre Grenzen an der profitorientierten Wohnungspolitik der Investoren.

Frauenpolitik ohne Kapitalismuskritik geht nicht. Und umgekehrt auch nicht. Frau Holle und die Eiskönigin erkannten: Nur gemeinsam sind wir stark. Und schön war’s auch. Ein Meer von roten Nelken wurde am Schluss von den Akteuren und den Besuchern freudig entgegengenommen. Anhaltender Applaus.

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"Politischer als Köln und Düsseldorf zusammen", UZ vom 8. März 2019



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