Der Reichtum ist fest in den Händen der Oligarchen

Plus 2,5 Milliarden pro Tag

Von Richard Corell

Wie der Reichtum in den letzten Jahren vermehrt wurde, zeigen die verdienstvollen Oxfam-Studien. Die diesjährige Studie erschien rechtzeitig zum Gipfel der Unverschämtheit, dem sogenannten Welt-Wirtschaftsgipfel in Davos. Oxfam will die Unbelehrbaren ermahnen, abzulassen von Gier, Betrug und Hochmut.

Die Fakten, die Oxfam auf der Grundlage von bürgerlichen Statistiken aufbereitet hat, zeigen die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich und die Tendenz: Die Reichen werden zwar mehr, aber im Verhältnis zu der rasch wachsenden Zahl der Armen immer weniger.

„So hat sich in den zehn Jahren seit der Finanzkrise die Zahl der MilliardärInnen weltweit nahezu verdoppelt. Gleichzeitig können sich immer weniger Menschen aus extremer Armut befreien: Das Tempo, in dem extreme Armut abnimmt, hat sich seit 2013 halbiert. In Teilen Afrikas steigt die extreme Armut sogar wieder an.“ Auf der Welt gibt es derzeit rund 2 200 Milliardäre. Das Vermögen der 2 200 ist um 900 Milliarden US-Dollar gewachsen, das heißt um 2,5 Milliarden pro Tag. Dagegen sank das Vermögen der ärmsten Hälfte der Menschheit, insgesamt 3,8 Milliarden Kinder, Frauen und Männer, um 11 Prozent. Nur 26 der menschlichen Geldmaschinen besaßen so viel wie diese 3,8 Milliarden Menschen.

Alles weit weg von uns? In der BRD hat sich die Zahl der Milliardäre seit 2008 auf über 200 ebenfalls verdoppelt.

In deutschen Landen ist der Reichtum fest in der Hand seiner Oligarchen. „Das reichste Prozent der Deutschen verfügt über ebenso viel Vermögen wie die 87 ärmeren Prozent der deutschen Bevölkerung. Im europäischen und internationalen Vergleich zählt Deutschland zu den Industrienationen mit der größten Vermögensungleichheit.“

Die Porsche-Familie, die Großaktionäre des VW-Konzerns, haben ihr Vermögen 2018 von 8,5 Milliarden Euro um 3,5 auf jetzt 12 Milliarden (= 13,6 Mrd. US-Dollar) vermehrt, das sind fast 10 Millionen pro Tag. Der Mindestlöhner kommt nach einem Tag harter Arbeit mit nicht mal 80 Euro nach Hause und muss davon noch Steuern und Abgaben, die Miete bezahlen. Unser Kollege hat einen Vorteil, er weiß, wofür er sein Geld bekommt. Den Porsches fliegt das Geld buchstäblich zu, sie lassen zigtausende Kollegen für sich arbeiten, müssen ja nur ihre Vögte an der Spitze von VW, Audi, Porsche anweisen, dass die Rendite gefälligst zu stimmen hat. Dann spuren die schon, betrügen mit falschen Angaben zu Abgasen, kaufen Politiker, die das alles vertuschen und Presse-Fuzzies, die alles schönreden – und ganz nebenbei wird der Mehrwert abgepumpt, garniert mit Sparprogramm und Entlassungsdrohung.

Genauso die Quandt/Klatten von BMW, deren Vermögensgrundstock, genauso wie bei den Porsches, durch Faschismus und Krieg, durch Zwangsarbeit und Ausplünderung anderer Länder gelegt wurde.

Oder der neulich in die Schlagzeilen geratene August von Finck, dessen Vermögen durch die MAN, durch Allianz und Münchener Rück groß geworden ist. Dieser Gustl hat seine Milliarden in die Schweiz verschoben, fast steuerfrei. Der finanziert jetzt die AfD, wie sein Vater schon Hitler von Anfang an schmierte. „Rechts vom Gustl steht nur noch Dschingis Khan“, wird von ihm berichtet – was vermutlich eine Beleidigung ist für Dschingis Khan.

Die tiefen Widersprüche in der Welt drastisch aufzuzeigen, ist das Verdienst der ursprünglich von den Quäkern 1942 initiierten Oxfam-Bewegung, die eine lange Tradition von sozialem Engagement zur Linderung der schlimmsten Ausprägungen des Imperialismus hat. Sie stellen auch in diesem Jahr heraus, dass das Elend beseitigt werden könnte. Dazu müssten die Reichen besteuert und so der freie Zugang zu Gesundheitsvorsorge und Bildung finanziert werden. Wie aber können die Reichen dazu „bewogen“ werden? Oxfam vertraut offenbar auf die Kraft von Fakten und guten Beispielen. Den letzten Ausweg der Reichen: Rüstung und Krieg, blenden sie in ihrer Studie aus.

Auch die tieferen Ursachen der dargestellten Entwicklung stellen sie nicht her. Sie behaupten: „Ungleichheit ist nicht unvermeidlich. Es gibt kein ökonomisches Gesetz, das behauptet, die Reichen sollen immer reicher werden, während Leute in Armut wegen des Mangels an Medizin sterben sollen. (…) Ungleichheit ist eine politische Entscheidung.“

Ein uns bekannter deutscher Denker stellte dazu fest: „Das Gesetz (…) bedingt eine der Akkumulation von Kapital entsprechende Akkumulation von Elend. Die Akkumulation von Reichtum auf dem einen Pol ist also zugleich Akkumulation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei, Unwissenheit, Brutalisierung und moralischer Degradation auf dem Gegenpol, das heißt auf Seite der Klasse, die ihr eigenes Produkt als Kapital produziert.“

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"Plus 2,5 Milliarden pro Tag", UZ vom 25. Januar 2019



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