Mehr Mittel für Operatives Abwehrzentrum (OAZ) in Sachsen gefordert

Plattitüden statt Fakten

Von Markus Bernhardt

Nicht nur in Sachsen ist rechte Gewalt derzeit auf dem Vormarsch. Jedoch sorgt kaum ein Bundesland bezüglich rassistischer Massenaufmärsche und Gewalttaten derart kontinuierlich für Negativschlagzeilen wie der Freistaat. Erst am letzten Sonntag wurden im sächsischen Naunhof (Landkreis Leipzig) erneut Anschläge – diesmal auf die Asylunterkunft in der ehemaligen Pension Paulchen, eine geplante Asylunterkunft in der Schlossmühle sowie auf die Wohnung eines Kommunalpolitikers der Partei „Die Linke“ verübt.

Bei letztgenanntem Anschlag wurden insgesamt fünf Pflastersteine auf das Wohngebäude des Politikers geworfen. Einer durchschlug dabei das Wohnzimmerfenster und verfehlte ihn nur knapp. An die Zaunpfeiler vor dem Wohngebäude sprühten die Täter die Parole „Handeln statt zuschauen“. Gleiche Schmierereien fanden sich auch an den anderen beiden Tatorten. „Die politische Motivation dieser Anschläge ist augenscheinlich und klar gegen Geflüchtete und ihre Unterstützer gerichtet“, kritisierte die sächsische Linkspartei und verurteilte „diese fremdenfeindlichen Taten auf das Schärfste“.

Erst am Donnerstag letzter Woche war unterdessen bekannt geworden, dass die Ermittlungsverfahren in Sachen „Politisch motivierte Gewalt“, die in Sachsen vom eigens geschaffenen Operativen Abwehrzentrum (OAZ) der Polizei bearbeitet werden, deutlich angestiegen sind. So wurden im letzten Jahr insgesamt 208 Ermittlungsverfahren gegen Neofaschisten und andere Rechte eingeleitet. 2014 lag die Anzahl der Verfahren noch bei 159 Fällen. Während – zumindest den offiziellen Zahlen zufolge – im Zeitraum zwischen Januar und September 2015 insgesamt 66 Angriffe auf Unterkünfte von Flüchtlingen gezählt worden waren, waren es im gesamten Jahreszeitraum von 2014 insgesamt 27 Attacken. Die Dunkelziffern dürften jedoch weitaus höher liegen.

Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) ist unterdessen voll des Lobes für das OAZ. „Das Operative Abwehrzentrum leistet ausgezeichnete Ermittlungs- und Aufklärungsarbeit. Insbesondere bei Angriffen auf Asylunterkünfte sowie auf Amts- und Mandatsträger, die im vergangenen Jahr verstärkt zu verzeichnen waren, hat es sich bewährt, Kompetenzen zentral zu bündeln“, behauptete er gegenüber den Dresdner Neusten Nachrichten.

Die sächsische Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz (Linkspartei) hegte indes Zweifel an der Euphorie des CDU-Politikers. „Wenn es Innenminister Markus Ulbig ernst meint mit seinen Worten, es habe sich bewährt, ‚Kompetenzen zentral zu bündeln‘, dann ist die einzig mögliche Konsequenz, dass endlich die personelle Sollstärke des OAZ hergestellt wird, vermehrt entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen für Beamte in den Polizeipräsidien durchgeführt werden und das Fachpersonal im OAZ deutlich aufgestockt wird“. Dafür müsse entsprechend Geld in die Hand genommen werden, was Köditz zufolge „problemlos ohne zusätzliche Belastung des Haushalts durch Umschichtungen möglich“ wäre. Die Abgeordnete, die Sprecherin ihrer Fraktion für antifaschistische Politik ist, übte außerdem Kritik am „sogenannten Landesamt für Verfassungsschutz“, welches „so überflüssig wie ein Kropf“ sei. „Wenn vom Behördenchef Gordian Meyer-Plath lediglich Plattitüden zu vernehmen sind wie die Aussage, es sei ‚beim Rechtsextremismus gegenwärtig kein weißer Fleck auf der sächsischen Landkarte erkennbar‘, bringt dies lediglich die Erkenntnis, dass dieser Präsident auch nach mehr als zweijähriger Amtszeit noch zu keiner kompetenten Einschätzung der Lage fähig oder willens ist“, monierte sie. Weiße Flecken auf der sächsischen Landkarte in Bezug auf die extreme Rechte existierten schließlich „bereits seit langen Jahren nicht mehr“, so die Linkspartei-Politikerin weiter. Wenn also das Landesamt für Verfassungsschutz den selbst gestellten Anspruch als Fernaufklärer der Demokratie nicht ausfüllen könne, sollten entsprechend Mittel für das erfolgreich arbeitende OAZ umgeschichtet werden, schlug Köditz vor.

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"Plattitüden statt Fakten", UZ vom 29. Januar 2016



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