Christa Hourani zu Grenzen des Kapitalismus

Planen statt Chaos

Die Pandemie zeigt wie in einem Brennglas, dass die kapitalistische Profitwirtschaft an ihre Grenzen kommt, die kapitalistische Produktionsweise überholt ist und die Überproduktionskrisen zunehmen und schärfer werden. Am Beispiel der Länge des Arbeitstages und des Einsatzes der Ware Arbeitskraft zeigt sich, wie chaotisch, planlos und ausbeuterisch dieses Gesellschaftssystem unterwegs ist – es heuert und feuert im Auf und Ab des Zyklus der Profitmaximierung.

Seit über einem Jahr, schon einige Monate vor Corona, überschlugen sich immer neue Horrormeldungen von Jobvernichtungsplänen, Verlagerungen, Standortschließungen, Erpressungen. Die Anzahl der Kurzarbeiter stieg im Frühjahr während der Pandemie auf sechs Millionen, während andere Betriebe wie Porsche oder Stihl (Motorsägen) Sonderschichten fuhren. Kaum sinken die Kurzarbeiterzahlen, steigen die Anträge auf Mehrarbeit, Sonderschichten, befristete Einstellungen. Selbst in Betrieben mit Entlassungsdrohungen wie bei Daimler, VW, ZF, Mahle oder Bosch gibt es Anträge auf Mehrarbeit und Einstellung von Leiharbeitern beziehungsweise Befristeten. ZF in Friedrichshafen zum Beispiel läuft auf Hochtouren, die Beschäftigten arbeiten 40 Überstunden pro Monat. Kollegen von Bosch in Feuerbach berichten, dass in der Produktion 200 Befristete eingestellt wurden und Sonderschichten gefahren werden. Bei Mahle in Mühlacker wechselten die Kolleginnen und Kollegen direkt von der Kurzarbeit in die Mehrarbeit. Auch bei Daimler in Untertürkheim wurden über 100 Leiharbeiter eingestellt.

Die Entlassungsdrohungen bleiben aber trotz steigender Produktion und Mehrarbeit bestehen. Viele sind bereits entlassen worden, insbesondere Minijobber und Niedriglohnbeschäftigte. Der Widerspruch tritt offen zu Tage: Während die einen kaum oder keine Arbeit haben, schuften andere in überlangen Arbeitstagen – und dies in ein und derselben Branche, zum Teil auch im gleichen Betrieb.

Die Planungen im Kapitalismus stoßen an Systemgrenzen. Jeder Betrieb, jeder Konzern plant für sich. Es gibt keinen Plan, der erfasst, wie viel von welchem Produkt gesellschaftlich notwendig ist und für Mensch und Umwelt zuträglich. Die Vorstände planen nach dem kapitalistischen Profitprinzip – was Profit bringt, wird gebaut, ob notwendig oder sinnlos – ganz egal. „Die dem Kapitalismus eigenen zyklischen Überproduktionskrisen gehen damit in eine strukturelle Dauerkrise über. … Jede gesamtgesellschaftliche Planung, die den Mehrwert unter anderem zur Befriedigung von Bedürfnissen einsetzt, die nicht wieder einer Mehrwert erbringenden Produktion dienstbar gemacht werden, ist innerhalb des Kapitalismus systemwidrig“, so analysierte Hans Heinz Holz in „Kommunisten heute“.

Das Programm der DKP zeigt die notwendigen Ziele auf: „An die Stelle der chaotischen, auf Profitinteressen ausgerichteten, von Krisen geschüttelten kapitalistischen Konkurrenzwirtschaft tritt eine nach wissenschaftlichen Kriterien gemeinschaftlich und verantwortungsbewusst geplante, von Solidarität getragene Produktionsweise. … Effektivität der Wirtschaft darf nicht in der Rentabilität des Kapitals und in den Kennziffern der internationalen Konkurrenzfähigkeit gemessen werden, sondern muss sich an der Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Mehrheit der Bevölkerung orientieren.“

Zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen gehören zum Beispiel kürzere Arbeitszeiten für alle bei vollem Lohnausgleich und kein ständiger Wechsel zwischen Überarbeit und Unterbeschäftigung. Zur Verbesserung der Lebensbedingungen während einer Pandemie gehört unter anderem, dass die Herstellung unnötiger Produkte zurückgefahren wird zugunsten dringend notwendiger Produkte wie Masken, Schutzkleidung, Tests, Beatmungsgeräte, Impfstoffe, so wie es Länder wie China und Kuba vormachen. Dort wird nach gesellschaftlichen Plänen gearbeitet und nicht nach dem Profitprinzip.

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"Planen statt Chaos", UZ vom 8. Januar 2021



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