Zum Verfahren der Regierung gegen die NPD

Pilotprojekt

Am 4. und 5. Juli verhandelte das Bundesverfassungsgericht in der Sache Bundesregierung gegen die NPD. Es ging um den Ausschluss der NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung. Schon vor Sitzungsbeginn trugen die Vertreter von Regierung und Bundestag ihre vermeintlich antifaschistische Grundhaltung vor sich her. Nach zwei am Dilettantismus des Verfassungsschutzes gescheiterten NPD-Verbotsverfahren in den Jahren 2001 und 2013 wolle man jetzt der NPD zeigen, wo der Hammer hängt.

„Unsere Verfassung ist wehrhaft“, ja nicht nur das, die ganz große historische Nummer musste es sein: „Wir haben aus den Fehlern von Weimar gelernt“, stellte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) klar. „Es war der Bevölkerung noch nie zu vermitteln, dass Steuergelder an Verfassungsfeinde gehen“, setzte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas nach. Als dann kurz nach 10 Uhr der Blick der Klägerbank auf die leeren Sitze der Beklagtenseite fiel, war die Verunsicherung groß. Die NPD, die seit dem 3. Juni „Die Heimat“ heißt, war gar nicht erst erschienen. Eine Identitätstäuschung, die nun die Frage aufwirft, was das ganze Verfahren noch soll.

Scheitert nach den halbherzig betriebenen Verbotsverfahren nun auch das Projekt, den Faschisten die Staatsknete abzugraben? Vielleicht, wäre aber auch egal. Der Prozess vor dem Bundesverfassungsgericht ist ein Pilotprojekt, für das die NPD nur Anlass, aber nicht Grund ist. Still und heimlich hatte die Bundesregierung 2017 Artikel 21 Grundgesetz geändert. Im neuen Absatz 3 der Norm werden „Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden“ von der staatlichen Finanzierung ausgeschlossen. Ein sogenanntes „Reservegesetz“, geschaffen für den Fall, dass die Verfassungswidrigkeit der Ziele einer Partei nicht bewiesen werden kann, aber diese mehr als 0,5 Prozent Stimmenanteil auf sich vereinigt.

Die passenden Stichworte, wann die „freiheitlich-demokratische Grundordnung beeinträchtigt“ ist, liefert der bundesdeutsche Verfassungsschutz. Und dessen Präsident, Thomas Haldenwang, machte am 20. Juni klar, wo der Feind steht. Nämlich bei denen, die für die Übel unserer Zeit „die Verantwortung (…) bei der NATO, den USA und dem Imperialismus im Allgemeinen“ suchen.

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"Pilotprojekt", UZ vom 14. Juli 2023



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