Nach Warnstreiks kommt Bewegung in Verhandlungen. Einen faulen Kompromiss darf es nicht geben

Pilot-Abschluss in Metall-Tarifrunde möglich

Über 500.000 Metallerinnen und Metaller haben sich bundesweit in den ersten zwei Wochen nach Ende der Friedenspflicht an Warnstreikaktionen in der Metall- und Elektroindustrie beteiligt, um entsprechenden Druck auf die Verhandlungen auszuüben. Aber auch in der vierten Verhandlungsrunde gab es von Seiten der Metallkapitalisten kein neues Angebot.

Nach wie vor weigern sie sich, eine dauerhafte Tariferhöhung anzubieten. Ende Oktober hatten sie ein miserables Angebot vorgelegt: 3.000 Euro Einmalzahlung – steuer- und sozialabgabefrei – plus eine unbezifferte Lohnerhöhung, Letztere aber nur, wenn 30 Monate Laufzeit vereinbart werden. Viel zu wenig bei den explodierenden Preisen und den zu erwartenden Preissteigerungen im kommenden Jahr, viel zu wenig auch nach viereinhalb Jahren ohne Lohnerhöhung und für eine so lange Laufzeit. „In der vierten Tarifverhandlung immer noch keine Prozentzahl anzubieten ist eine selten gesehene Eskalation der Arbeitgeberseite und ziemlich einmalig in der Geschichte der Tarifpolitik“, kritisierte Johann Horn, Bezirksleiter und Verhandlungsführer der IG Metall in Bayern. „Die Arbeitgeber reizen die Geduld der IG Metall und der Beschäftigten maximal aus.“

Die Warnstreiks scheinen zu wenig Druck auf die Metallkapitalisten auszuüben. Diese Erkenntnis ist auch bei der Gewerkschaftsführung angekommen. Ein Vollstreik wird nötig sein, um ein akzeptables Ergebnis zu erkämpfen. Aber auch, um dem Metallkapital auf seine Unverschämtheiten eine würdige Antwort zu geben. So meinte Südwestmetall-Verhandlungsführer Harald Marquardt, die IG Metall benehme sich „wie ein kleines Kind, das in der Ecke sitzt und dem man das Spielzeug weggenommen hat – außer Verweigerungshaltung und Tränen kommt nichts“. Solche Aussagen zeigen die zugespitzte Situation. Die Metall-Belegschaften müssen den Druck erhöhen, um eine Tabellenerhöhung von 8 Prozent für maximal zwölf Monate und eine zusätzliche Sonderzahlung von 3.000 Euro durchzusetzen.

Die größte Warnstreikwelle gab es in Baden-Württemberg, wo sich rund 180.000 Kollegen aus über 500 Betrieben an den Aktionen beteiligten. Mit fast einer Million Beschäftigten ist Baden-Württemberg der größte IG-Metall-Bezirk. Hier wird am 17. November (nach Redaktionsschluss von UZ) die entscheidende fünfte Verhandlung stattfinden – und seit Montag Abend zeichnet sich ab, dass es dort zu einem Pilot-Abschluss kommen könnte. Hier darf es keinen faulen Kompromiss geben, wie ihn zum Beispiel die IG BCE im Oktober abgeschlossen hat. Dort gab es zwei mal 1.500 Euro Sonderzahlung plus zwei mal 3,25 Prozent bei einer Laufzeit von 20 Monaten. Dieses Ergebnis wurde entsprechend schöngerechnet auf über 15 Prozent für die unteren Entgeltgruppen. Vermutlich wird es in dieser Größenordnung auch ein Angebot von Südwestmetall geben. Es würde einen erheblichen Reallohnabbau für die Kolleginnen und Kollegen bedeuten. Ein solches „Angebot“ wäre nicht akzeptabel und müsste abgelehnt werden. Dann muss Ernst gemacht werden mit den Ankündigungen, eine Urabstimmung und einen unbefristeten Streik durchzuführen.

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"Pilot-Abschluss in Metall-Tarifrunde möglich", UZ vom 18. November 2022



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