Krisenstimmung am Jüdischen Krankenhaus Berlin (JKB). 74 Pflegehelfer und Servicekräfte sollen aus Kostengründen entlassen werden. Dabei hatte die kämpferische Belegschaft des kleinen Klinikträgers nach dem Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst Anfang des Jahres auch einen Entlastungstarifvertrag erstritten. In einem wochenlangen Erzwingungsstreik hielten Pflege, Therapeuten und Service für die gemeinsamen Ziele zusammen.
Das wirtschaftlich bereits angeschlagene Haus setzte damals eine Notlagenklausel durch, um die Personalentlastungsregelungen gegebenenfalls aussetzen zu können. Seit dem Tarifabschluss wurde von der Geschäftsführung immer wieder die angeblich übermäßige finanzielle Belastung durch den Entlastungstarifvertrag hervorgehoben.
Tatsächlich aber gerät das JKB wie viele andere kleine Kliniken durch die anstehenden Umstrukturierungen des Krankenhauswesens ohnehin in eine wirtschaftliche Schieflage. 2023 lag das Defizit bei drei Millionen Euro. Hinzu kommt, dass sich das Land Berlin aus seiner Verantwortung zurückzieht, für den notwendigen Neubau eines Bettenhauses Investitionskosten von 60 Millionen Euro zu finanzieren.
Für die Entscheidung, die Pflegehelfer zu entlassen, ist das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz maßgeblich. Darin ist unter anderem festgelegt, dass ab 2025 nur qualifizierte Pflegefach- und Hilfskräfte über ein Pflegebudget refinanziert werden. Pflegehelfer gelten danach nur als qualifiziert, wenn sie eine mindestens einjährige Weiterbildung absolviert haben.
Andere Klinikträger hatten darum bereits viele Servicemitarbeiter zu Pflegehelfern beziehungsweise Pflegefachassistenten weitergebildet, um auch Küchenpersonal refinanziert zu bekommen oder um neues Pflegepersonal zu rekrutieren. Das ist am JKB offensichtlich nicht geschehen.
Die Klinikleitung hat nun angekündigt, zukünftig Pflegehelfer über Leasingfirmen einzusetzen. Außerdem sollen bereits ausgebildete Pflegefachassistenten von außen eingestellt werden. Angesichts der hohen Kosten für Leasingkräfte dürfte die Anzahl weit unter dem bisherigen Stand liegen. Schon deshalb wird auf die Fachkräfte zusätzlicher Arbeitsaufwand zukommen. Ähnliches ereignet sich bei Helios, zumindest in den Berliner Standorten Buch und Behring-Krankenhaus. Dort wird Servicepersonal massiv abgebaut. Ganz offen erklärt die Klinikleitung, dass die Aufgaben von der Pflege mit zu erledigen seien. Außerdem laufen Versuche, die Essenbestellung und -versorgung zu automatisieren.
In beiden Fällen führt die pauschale Finanzierung dazu, dass Teile der notwendig zu erbringenden Leistungen nicht abgebildet und damit nicht finanziert werden. Und schließlich werden sie nicht mehr in der bisherigen Qualität erbracht. Was dann nicht mehr funktioniert, wird vom überlasteten Restpersonal kompensiert oder findet gar nicht mehr statt. Ob da noch jeder Patient satt und sauber wird?
Am JKB regt sich Widerstand gegen den Personalabbau. Die Belegschaft will das nicht hinnehmen. Am 1. Oktober fand aus Protest eine aktive Mittagspause statt, in zwei Wochen soll eine Kundgebung folgen. ver.di appelliert auch an die Verantwortung des Landes Berlin, das im Kuratorium des Klinikträgers stark vertreten ist. Der Berliner Senat wird aufgefordert, kein weiteres Outsourcing zuzulassen, die Beschäftigten zu schützen und für das JKB eine strukturelle Perspektive zu ermöglichen.