Zu Sullivans China-Reise

Pekings Höflichkeit

Der US-amerikanische Sicherheitsberater Jacob Sullivan war zu einem dreitägigen Besuch in die VR China gereist. Der letzte Besuch eines US-Sicherheitsberaters in Peking war 2016. Da hatte sich Barack Obamas Beraterin Susan E. Rice auf den Weg gemacht. Wenig später wurde die „Great ­Power Competition“ und damit der hybride Krieg des US-Imperiums gegen die eurasischen Großmächte in den strategischen US-Dokumenten festgeschrieben. Seither hat sich reichlich Konfliktstoff zwischen den beiden Mächten angehäuft. Mr. Sullivans Besuch könnte die Hoffnungen auf diplomatische Lösungen nähren. Optimistisch betrachtet.

Leider gibt es zu Optimismus wenig Anlass. Nicht zuletzt auf Mr. Sullivans Betreiben hat Washington die Gangart gegen Russland, Iran und China immer weiter verschärft. Propagandistisch, ökonomisch, technologisch und militärisch. Wie seit 2014 die Ukraine, rüstet das Pentagon nun seine Vasallen in Ost- und Südostasien, Japan, Südkorea und die Philippinen, gegen China auf. Der „liebevoll“ gezüchtete taiwanesische Separatismus soll den Rammbock gegen die Volksrepublik spielen. US-Special Forces sind auf den Kinmen-Inseln stationiert, nur einen Steinwurf vom chinesischen Festland entfernt.

Das Desaster von Donald Trumps Wirtschaftskrieg ist noch in „guter“ Erinnerung. Unter Joseph Biden wurde es nicht besser. Die (vergeblichen) Versuche, Chinas Chip-Industrie zu ruinieren und den Erfolg chinesischer Elektroautos zu verhindern, sind da nur die bekanntesten Beispiele. Es sagt viel über die Phantasiewelt der US-Neokonservativen aus, wenn Mr. Sullivan nun Chinas Hilfe im Kampf gegen Russland und die Akzeptanz seiner Taiwanpolitik erwartet. Natürlich nicht ohne neuerliche Androhung von Sanktionen. Aber warum um alles in der Welt sollte Peking das tun, wenn es weiß, dass es als Nächstes auf der Liste steht?

Chinesen sind höfliche Menschen, die chinesische Diplomatie hat mehrtausendjährige Erfahrungen. Man wird Mr. Sullivan freundlich Tee serviert haben. Sogar Präsident Xi Jinping hat sich zu einem Gespräch herbeigelassen. Alles, man möchte sagen, mit fast schon daoistischem Gleichmut und Geduld des „Geschehenlassens“, welche die Hoffnung auf Einsicht und Vernunft selbst bei den verbohrtesten Neokonservativen wie Jacob Sullivan niemals aufgibt.

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"Pekings Höflichkeit", UZ vom 6. September 2024



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