Panafrikanistische Partei gewinnt Parlamentswahl in Senegal

PASTEF räumt ab

Die Bremse ist endlich gelöst: Bei der Wahl zur Nationalversammlung Senegals am 17. November hat PASTEF dem vorläufigen offiziellen Endergebnis zufolge 130 der 165 Sitze gewonnen. Die Opposition ist damit praktisch bedeutungslos geworden. PASTEF hat einmal mehr Geschichte geschrieben: Seit 1988 hatte keine Partei in Senegal mehr so hoch gewonnen. Und das, obwohl PASTEF alleine angetreten war, nicht als Teil einer im Land üblichen Wahlkoalition.

Im März war Bassirou Diomaye Faye, Mitglied von PASTEF, zum Staatspräsidenten gewählt worden (siehe UZ vom 5. April). Seine Wahl überraschte viele politische Beobachter. Sein Vorgänger Macky Sall, „zuverlässiger Partner“ des Wertewestens, hatte versucht, die Präsidentschaftswahl auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Vor allem junge Menschen waren in Massen auf die Straßen geströmt, um Sall einen Strich durch die Rechnung zu machen – mit Erfolg. Faye gewann gegen Salls Wunschkandidaten Amadou Ba, obwohl er erst zehn Tage vor der Wahl aus dem Gefängnis entlassen worden war. Salls Partei APR (Allianz für die Republik) behielt allerdings die Mehrheit in der Nationalversammlung. Faye konnte deshalb nur wenige Punkte seines Programms umsetzen. Mitte September löste Faye das Parlament auf, nachdem eine von ihm gewünschte Verfassungsänderung gescheitert war.

Die Wahlkoalition Takku Wallu Sénégal, in der Salls Partei antrat, kommt jetzt nur noch auf 16 Sitze im Parlament. Damit kann die Opposition Gesetzesvorhaben von PASTEF nicht mehr verhindern.

PASTEF (Afrikanische Patrioten Senegals für Arbeit, Ethik und Brüderlichkeit) ist eine relativ junge Partei. Vor knapp über zehn Jahren hatte der Verwaltungsbeamte Ousmane Sonko die Partei gegründet. Er ist Parteivorsitzender und seit Fayes Sieg Premierminister. PASTEF ist eine panafrikanistische Partei, die „pragmatisch“ regieren möchte, großen Wert auf die Unabhängigkeit Senegals legt, alle Senegalesen an den reichen natürlichen Ressourcen des Landes teilhaben lassen will und sich dem Kampf gegen Korruption verschrieben hat.

Trotz der komfortablen PASTEF-Mehrheit stehen Faye und Sonko vor großen Herausforderungen. Macky Sall hinterließ ihnen eine Staatsverschuldung in Höhe von 65,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) – laut eigenen Angaben. Die entpuppten sich als Lüge. Tatsächlich belaufen sich die Schulden auf 76,3 Prozent des BIP. Eine erste Konsequenz: Der Internationale Währungsfonds (IWF) setzt die Auszahlung eines Kredits in Höhe von 1,9 Milliarden US-Dollar aus. Der Haushalt für 2025 muss vor Ende dieses Jahres verabschiedet werden – schon das ist sportlich. Ein Sparprogramm, wie von Teilen der Opposition gefordert, würde Faye und Sonko daran hindern, Maßnahmen zur Förderung der sozialen Gerechtigkeit zu finanzieren. Ein Austeritätshaushalt sei deshalb unwahrscheinlich, schätzt François Conradie. Der Politologe arbeitet für die Wirtschaftsberatung Oxford Economics Africa. „Was den IWF angeht, könnte der sich des geopolitischen Kontextes wegen weniger unnachgiebig zeigen“, vermutet Conradie.

Manche Versprechen aus dem Präsidentschaftswahlkampf konnte Faye vor der Parlamentswahl umsetzen: Seit August untersucht eine Taskforce Verträge mit ausländischen Wirtschaftspartnern, die hinter verschlossenen Türen ausgeklüngelt worden waren. PASTEF möchte solche Verträge ändern oder kündigen und für Transparenz sorgen. Präsident Faye kündigte kürzlich an, französische Soldaten sollten Senegal „mittelfristig“ verlassen. Ab dem kommenden Schuljahr findet der Unterricht an Grundschulen in autochthonen Sprachen statt, was wichtig ist für die Alphabetisierung. An weiterführenden Schulen soll vorerst weiter Französisch gesprochen werden. Den Export von Erdnüssen – das wichtigste landwirtschaftliche Exportprodukt des Landes – hat Faye Mitte November bis auf weiteres gestoppt, um die Nahrungsmittelversorgung abzusichern.

Dringend nötig angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten sind staatlich kontrollierte Preise für Lebensmittel und Güter des täglichen Bedarfs. Gesundheits- und Bildungssystem müssen ausgebaut werden. Und: Schon mittelfristig wird die senegalesische Wirtschaft nur auf die Beine kommen, wenn das Land sich aus der neokolonialen Umklammerung Frankreichs löst und die Kolonialwährung CFA-Franc durch eine eigene ersetzt.

Auf PASTEF ruhen nicht nur die Hoffnungen der meisten Senegalesen – ganz Westafrika blickt jetzt nach Dakar. Ob die globale politische Lage echte Veränderungen, echten Fortschritt in Senegal zulässt? Wenn Faye und Sonko nicht liefern, dürften sie schnell wieder Geschichte sein.

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"PASTEF räumt ab", UZ vom 6. Dezember 2024



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