Über die Ehrung von Anne Applebaum durch den Deutschen Buchhandel – für Frieden

Passender Preis

Da kam zusammen, was zusammengehört. In Albanien gibt es seit dem 17. Oktober wieder ein italienisches Konzentrationslager – vorerst nur für Asylsuchende. Dem deutschen Kanzler erschien die Einrichtung zwar zu klein, aber in Brüssel brachte Wladimir Selenski am gleichen Tag Atomwaffen für die Ukraine ins Gespräch. Am Freitag tagte in Berlin eine Art Weltkriegsrat zu viert, der US-Präsident erhielt den höchsten Orden der Bundesrepublik, am Sonntag die US-Publizistin Anne Applebaum in Frankfurt am Main den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.

Sie brachte Klarheit und Ruhe in die deutsche Wetterküche. In der herrscht Nervosität wegen 40.000 für den Frieden, die vielleicht mehr werden. Ebenso herrscht der Wille, die Kriegsfeuer in der Ukraine und in Nahost nicht ausgehen zu lassen. Der Kanzler entriss seinem Fraktionsvorsitzenden im Bundestag am 16. Oktober das Mikrofon, um das zu beteuern – und um sich zu grämen über falsch, weil Frieden Wählende in drei ostdeutschen Bundesländern. Namhafte Hassprediger des Landes wie Robert Habeck (das BSW ist „komplett gekauft”) oder Roderich Kiesewetter (BSW – „Retortenbaby Moskaus”) trauten sich kaum noch Kommentare zu. Das war am Sonntag in der Paulskirche endlich wieder anders.

Es fing zwar etwas lahm an, aber Applebaum, die in Polen auf einem Schloss residiert, machte dem Preis alle Ehre. Laudatorin Irina Scherbakowa holte die etwas ranzig gewordene Geschichte von den „zwei Diktaturen” aus der Versenkung. „Putins Propaganda” bemühe sich, „den Menschen innerhalb und außerhalb des Landes einzureden, dass Russland Europa die Befreiung vom Faschismus gebracht hat”. Das habe Applebaum korrigiert und dem doofen Westen erklärt, „dass der Sieg über den Faschismus für die Länder Osteuropas keine Befreiung bedeutete”. In der „wiedervereinigten” Bundesrepublik hat das keinen Nutzwert mehr, die Ostdeutschen begreifen das mit der zweiten Diktatur ständig falsch. Aber dann, so Scherbakowa, habe Applebaum mit dem Band „Roter Hunger. Stalins Krieg gegen die Ukraine” offengelegt, dass „der Westen weder von der Massenhungersnot in der UdSSR Anfang der 30er Jahre gewusst hat, noch dass diese Hungersnot organisiert war”.

Da konnte die so Geehrte nur noch fortsetzen: 2014 seien aus den sowjetischen Archiven „alte Pläne hervorgeholt, entstaubt und wieder zum Einsatz gebracht” worden, um die Ukraine zu vernichten. Was Stalin nicht gelungen war, will Putin vollenden. In Applebaums Worten: „Der Satz ‚Nie wieder!‘ hat uns schon in der Vergangenheit blind gemacht für die Wirklichkeit.” Im Übrigen: „Die Aufgabe ist keineswegs rein militärischer Natur: Dies ist auch ein Kampf gegen die Hoffnungslosigkeit, den Pessimismus und die schleichende Anziehungskraft der Autokratie, die bisweilen im Gewand einer verlogenen Sprache des ‚Friedens‘ daherkommt.” Das haben Habeck oder Kiesewetter zwar ähnlich gesagt, aber Applebaum steht über deutschen Parteiwirren: Ihre Aufgabe ist es, den richtigen deutschen Antifaschismus zu erklären: „Doch das ist die eigentliche Lehre aus der deutschen Geschichte: Nicht, dass Deutsche nie wieder Krieg führen dürfen, sondern dass sie eine besondere Verantwortung dafür haben, sich für die Freiheit einzusetzen und dabei auch Risiken einzugehen.” Antifa heißt demnach Marschbefehl und Demokratie Überfall oder eben Konzentrationslager, das nicht so heißen darf, für Kriegsflüchtlinge.

Applebaum hat einen Friedenspreis so verdient wie Biden den deutschen Orden fürs Sprengen der Ostseepipeline.

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"Passender Preis", UZ vom 25. Oktober 2024



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