Zu „Feiern und schleifen“, UZ vom 31. Mai

Paragraph 139 GG nutzen

Manfred Pohlmann, Hamburg

75 Jahre Grundgesetz oder Schweizer Käse? Nicht umsonst hat Wolfgang Abendroth den Artikel 139 GG besonders hervorgehoben, um aufzuzeigen, dass seine Anwendung und Verwässerung – mittlerweile gibt es etwa 70 Änderungen – Auskunft geben über den wahren Charakter dieser Republik. „Artikel 139 ist wesentlicher Bestandteil des Grundgesetzes. Deshalb ist jeder, der sagt, Faschisten und Kommunisten seien unter dem Gesichtspunkt des Extremismus gleich zu bewerten, objektiv ein Gegner des Grundgesetzes. Artikel 139 verbietet es, solche Kräfte, die gegen den Faschismus gekämpft haben und immer wieder kämpfen werden, gleichzusetzen mit jeden faschistischen Kräften, die durch das GG verboten sind.“ (Wolfgang Abendroth)

Bei aller Wichtigkeit, die Freiheitsrechte wie Versammlungs-, Presse- und Meinungsfreiheit zu schützen, die aktuell massiv von jedem Polizeibüttel eingeschränkt werden können, sollten wir viel stärker als bisher den 139er in unsere Aufklärungsarbeit einbeziehen. Verbunden mit dem Artikel 20/4 – Recht auf Widerstand – könnten wir tatsächlich kreative Formen des Widerstands begründen und praktizieren. Laut Nancy Faeser sind „linksextremistische“ Straftaten besonders durch Klimaproteste gegen fossile Brennstoffe (Lützerath) und Trinkwassergefährdung (Tesla) gestiegen. Legt das den Schluss und die Vermutung nahe, dass die herrschende Politik „rechtsextrem“ ist? Oder haben wir es bei dieser Republik schon mit einer postfaschistischen zu tun, die alles daran setzt, den antifaschistischen und antimilitaristischen Ballast loszuwerden? Nicht umsonst scheuen sich die Gesetzgeber davor, den Artikel 139 in Gänze auszubuchstabieren beziehungsweise anwendungsbezogen zu konkretisieren.

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"Paragraph 139 GG nutzen", UZ vom 28. Juni 2024



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