Gleich zweimal war der ukrainische Präsident Wladimir Selenski per Video beim Weltwirtschaftsforum in Davos zugeschaltet, dem elitären Gipfel ausgewählter Milliardäre und Konzernbosse sowie ihrer politischen Vertreter. Seine Forderung war immer gleich: schnellere Lieferung schwerer Waffen wie US-Kampfpanzer vom Typ „Abrams“ und des deutschen „Leopard 2“ sowie weitreichender Artillerie. Wiederholt, aber ohne durchschlagenden Erfolg, attackierte er Bundeskanzler Olaf Scholz, weil der Kiew die geforderten „Leopard-2“-Kampfpanzer nicht schicken will. „Wir können es nicht nur mit Motivation und Moral machen“, so Selenski wie gewohnt theatralisch. „Die Zeit, welche die freie Welt zum Nachdenken braucht, nutzt der terroristische Staat zum Töten“, sagte er bezugnehmend auf Russland, von dem kein einziger Vertreter nach Davos eingeladen war.
Die ukrainische Präsidentengattin Olena Selenska war mit großem Tross, darunter die unvermeidlichen Klitschko-Brüder, persönlich in die Schweizer Berge gereist, das Land im Krieg mit dem „Ukraine House“ auf der Promenade in Davos präsent. Die anwesenden Unternehmer, Staats- und Regierungschefs rief die First Lady auf, ihren Einfluss stärker zugunsten der Ukraine zu nutzen. Notwendig seien Waffen und Geld: „Wir stehen vor dem Zusammenbruch der Welt, wie wir sie kennen.“
Zum medialen Zirkus rund um die Ukraine-Festspiele gehörte schließlich die Auszeichnung des ehemaligen britischen Premiers Boris Johnson als „Bürger von Kiew“. Der frühere Boxweltmeister und heutige Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt, Vitali Klitschko, hatte eine passende Ehrenmedaille mitgebracht. Johnson sei „einer von uns“, so der Hüne aus Kiew. Die Verbündeten müssten die Unterstützung der Ukraine mit Panzern, Flugzeugen, finanziellen Ressourcen und allem, was nötig sei, fortsetzen „bis zum Sieg“, forderte Johnson, der sich ins Heft schreiben kann, im vergangenen Frühjahr einen Verhandlungsfrieden zwischen der Ukraine und Russland durch persönliche Vorsprache bei Selenski in Kiew vereitelt zu haben. In Davos mahnte er: „Gebt ihnen Panzer, gebt Wladimir Selenski, was immer er braucht. Sie werden gewinnen, wir müssen ihnen helfen, so schnell wie möglich zu gewinnen.“
Erhellend ist dagegen der Bericht von „Capital“-Chefredakteur Horst von Buttlar über das „Ukrainische Frühstück“. Auf dem Podium saßen dem deutschen Wirtschaftsmagazin zufolge unter anderem BlackRock-Chef Larry Fink und Goldman-Sachs-CEO David Solomon, die das Fell des Bären verteilten: „Goldman Sachs und BlackRock arbeiten im Hintergrund, im Verbund mit Milliardären wie dem Australier Andrew Forrest, an einem Wiederaufbauplan für die Ukraine. Mit einer Mischung zwischen Stiftung und Plattform, an der real und virtuell mit Ukrainern gefeilt wird. Goldman Sachs hatte im Herbst eigene Leute als Berater nach Kiew entsandt, Larry Fink Ende des Jahres mit Selenski vereinbart, dass BlackRock bei den Investitionen nach Kriegsende die Ukraine unterstützt und berät. ‚Wir werden eine neue Ukraine schaffen‘, sagte Fink, der die Kosten für den Wiederaufbau auf 750 Milliarden Dollar taxierte. ‚Die Ukraine wird mit Kapital geflutet werden.‘ Das Land könne ‚ein Leuchtfeuer der Hoffnung‘ werden.“ Das Springer-Blatt „Welt am Sonntag“ legt noch drauf: „Die Summen für den Ukraine-Wiederaufbau sprengen sämtliche Dimensionen.“ Von bis zu 1,25 Billionen Euro sei die Rede, hieß es am Wochenende.
Ungünstig sind da Berichte über die anhaltende Korruption in Kiew. „Gleich zwei ukrainische Ministerien werden mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert“, so das ARD-Portal „tagesschau.de“. Während sich das Verteidigungsministerium wegen des überteuerten Einkaufs von Lebensmitteln (Vertragsvolumen umgerechnet 325 Millionen Euro) rechtfertigen muss, geht es im Ministerium für die Entwicklung von Gemeinden und Gebieten um Bestechung im Zusammenhang mit der Anschaffung von Stromgeneratoren. Peanuts, werden sich die Davos-Milliardäre sagen. Bezahlt wird am Ende alles von den Steuerzahlern in Deutschland und Europa.