Die Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) hat auf ihrem Sondergipfel am 30. Juli im nigerianischen Abuja harsche Sanktionen gegen Niger beschlossen. Bis Sonntag, 6. August müsse die Übergangsregierung von General Abdourahamane Tiani den Militärputsch rückgängig machen, zur verfassungsmäßigen Ordung zurückkehren und den gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum wieder ins Amt bringen. Für den Fall, dass Tiani das Ultimatum verstreichen lässt, droht ECOWAS mit einer militärischen Intervention in Niger. Die ECOWAS-Mitgliedsstaaten Elfenbeinküste, Nigeria und Senegal haben bereits angekündigt, Truppen für eine solche Intervention bereitstellen zu wollen.
Die Übergangsregierungen in Burkina Faso und Mali hingegen erklärten, Niger im Falle eines militärischen Angriffs beizustehen. Die Sanktionen gegen Niger seien „illegal und unmenschlich“. Greife ECOWAS in Niger ein, würden beide Länder aus der Westafrikanischen Staatengemeinschaft austreten.
Das Außenministerium Algeriens forderte in einer Erklärung die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung, warnte aber vor einer militärischen Intervention. Eine ausländische Militärintervention in Niger verschärfe und verkompliziere die aktuelle Situation nur. Die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung müsse „unbedingt mit friedlichen Mitteln erreicht werden“, heißt es in der Erklärung von Dienstag dieser Woche.
Gemeinsame Erklärung der Übergangsregierungen von Burkina Faso und Mali:
„Die Übergangsregierungen von Burkina Faso und Mali haben über die Presse von den Ergebnissen der Sondergipfel der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) und der Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion (UEMOA) erfahren, die am 30. Juli 2023 in Abuja zur politischen Lage in Niger abgehalten wurden.
Die Übergangsregierungen von Burkina Faso und Mali:
- bekunden ihre brüderliche Solidarität und die der burkinischen und malischen Völker mit dem Brudervolk Nigers, das in voller Verantwortung beschlossen hat, sein Schicksal in die eigene Hand zu nehmen und vor der Geschichte die Gesamtheit seiner Souveränität zu übernehmen;
- verurteilen das Beharren dieser regionalen Organisationen auf das Verhängen von Sanktionen, die das Leiden der Bevölkerung verschlimmern und den Geist des Panafrikanismus gefährden;
- weigern sich, diese illegalen, illegitimen und unmenschlichen Sanktionen gegen das nigrische Volk und dessen Behörden anzuwenden;
- warnen davor, dass jede militärische Intervention gegen Niger einer Kriegserklärung gegen Burkina Faso und Mali gleichkommt;
- geben Bescheid, dass eine militärische Intervention gegen Niger den Austritt von Burkina Faso und Mali aus ECOWAS sowie Verteidigungsmaßnahmen zur Unterstützung der Streitkräfte und des Volkes von Niger nach sich ziehen würde;
- warnen vor den katastrophalen Folgen einer militärischen Intervention in Niger, die die gesamte Region destabilisieren könnte, wie die unilaterale NATO-Intervention in Libyen, die die Ursache für die Ausbreitung des Terrorismus im Sahel und in Westafrika war.
Die Übergangsregierungen von Burkina Faso und Mali sind zutiefst empört und überrascht über das beobachtete Ungleichgewicht zwischen einerseits der Schnelligkeit und der abenteuerlichen Haltung einiger westafrikanischer Politiker, die Waffengewalt einsetzen wollen, um die verfassungsmäßige Ordnung eines souveränen Landes wiederherzustellen, und andererseits der Untätigkeit, der Gleichgültigkeit und der passiven Komplizenschaft dieser Organisationen und Politiker bei der Unterstützung von Staaten und Völkern, die seit einem Jahrzehnt Opfer des Terrorismus und ihrem Schicksal überlassen werden.
Unter allen Umständen fordern die Übergangsregierungen von Burkina Faso und Mali die progressiven Kräfte auf, sich bereit zu halten, dem nigrischen Volk in diesen dunklen Stunden des Panafrikanismus beizustehen.
Gott segne Afrika und behüte die Afrikaner.
Angefertigt in Ouagadougou und Bamako am 31. Juli 2023.
Für Burkina Faso:
Der Minister für Kommunikation, Kultur, Kunst und Tourismus, Sprecher der Regierung,
Rimtalba Jean Emmanuel OUEDRAOGO
Für Mali:
Der Staatsminister, Minister für territoriale Verwaltung und Dezentralisierung, Sprecher der Regierung,
Oberst Abdoulaye MAÏGA“ (Quelle: Le Sahel, Übersetzung: Valentin Zill)