Zu Frank-Walter Steinmeiers Durchhalteparolen

Osterlitanei

Der Bundespräsident ist keineswegs nur eine Phrasendreschmaschine. Das zu glauben, hieße Frank-Walter Steinmeier gewaltig zu unterschätzen. Steinmeier ruft laut: Haltet den Dieb! Und er zeigt dabei auf alle, die nicht dem chaotischen Kurs der Regierenden in der Corona-Bekämpfung folgen.

Steinmeier ist Überzeugungstäter. Er hat als einer der „Architekten“ der „Agenda-Politik“ Schröders geholfen, auch das Gesundheitssystem zu privatisieren und auf Profit zu trimmen, so dass es nun bei jeder Zusatzbelastung an seine Grenzen zu kommen droht. Davon ist bei seiner Osteransprache natürlich nicht die Rede. Steinmeier redet darüber, dass „Durchhalteparolen“ nicht weiterhelfen – und er verkündet genau das: Durchhalteparolen. Ja, es gebe eine „Krise des Vertrauens“, räumt Steinmeier ein, es gehe für viele „um die blanke Existenz“. Ja, richtig, genau das tut es, bei dieser Kombination aus neoliberalem Strukturversagen und regierungsamtlicher Unfähigkeit, die selbst nach mehr als einem Jahr der Krise zu keiner kohärenten Strategie in der Lage ist. Wie soll es da keine Krise des Vertrauens geben. Falls denn jemand in diese Regierung des großen Geldes jemals Vertrauen gehabt hat.

Und dann kommt es: „Die dritte Welle“ müsse gebrochen werden. Es werde „herbe Einschränkungen“ geben. Man müsse sich „zusammenraufen“. Man solle sich nicht dauernd „über die da Oben empören“, nicht „zeigen, was nicht geht“, man solle sich „selbst vertrauen“, „zeigen, was in einem steckt“. Und man solle sich impfen lassen. Der Weg sei halt länger als erwartet und am Ziel sei keiner. Nein? Wirklich nicht?

Die internationalen Krisenverläufe spiegeln den Grad der neoliberalen Gesellschaftszurichtung. Je neoliberaler, umso schlimmer. Sehr viel ärmere Länder haben es sehr viel besser gemacht als der „reiche Westen“ und als Deutschland mit fast 80.000 Toten. Nicht nur China oder Vietnam.

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"Osterlitanei", UZ vom 9. April 2021



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