Endspurt im hessischen Kommunalwahlkampf

Ohne uns sehen wir schwarz für Reinheim

Von Arno Grieger

Bekanntlich sind am 6. März in Hessen Kommunalwahlen. Die DKP kandidiert in unterschiedlichen Konstellationen, das heißt eigenständig, im Bündnis oder auf Listen anderer Parteien.

In Reinheim kandidiert die DKP. Traditionell stehen auch Nicht-Mitglieder auf der Liste. Wir ringen darum, unsere Mandate zu halten: Vier Stadtverordnete in Reinheim (das führte noch zu einem im Magistrat), ein Mandat für den Ortsbeirat Reinheim und zwei Ortsbeiräte in Ueberau.

Wahl-Countdown im DKP-Schaukasten in Reinheim

Wahl-Countdown im DKP-Schaukasten in Reinheim

( Grieger)

Bei aller richtigen prinzipiellen Einordnung der Bedeutung einer Kommunalwahl ist dennoch auch für Außenstehende von Interesse: Konnte die DKP halten und ausbauen? Gab es Verluste? Was waren Gründe und was sind die Schlussfolgerungen? Wir erhalten nach der Wahl Anrufe von außerhalb. Das bestätigt das Interesse.

Politischer Hintergrund

Es ist eine Binsenweisheit: Kommunalpolitik und Kommunalwahlen können nicht losgelöst betrachtet werden. Sie finden vor einem Hintergrund statt. 2011 hatten wir zu tun mit den Auswirkungen der Bankenkrise. Und die Ereignisse von Fukushima bescherten den „Grünen“ enorme Wahlerfolge. Wir hatten als DKP in Reinheim leichte Verluste.

2016 ist geprägt von Kriegen, von Massenflucht, ehrenamtlicher Hilfe, Hetze, geistigen Brandstiftern und tatsächlichen Brandstiftern. Das ergibt ein Gesamtklima. Ist das positiv für uns? Wohl eher kaum.

Örtliche Gemengelage

Die aufgegriffenen örtlichen Themen können sehr unterschiedlich sein. Einer Umfrage zufolge sollen in Hessen aktuell unterschiedlichste Verkehrsfragen vielfach eine Rolle spielen. Das ist in Reinheim auch so. Darüber hinaus spielen Diskussionen um einen möglichen Bau von Windkraft-Anlagen eine Rolle. Und es gibt seit über einem Jahr eine Abspaltung aus der SPD namens „Reinheimer Kreis“. Sie kandidieren erstmals.

Die großen Parteien veranstalten einen „Wohlfühl-Wahlkampf“. Politisches oder gar Überregionales wird vielfach ausgeblendet. Dafür will man ein „lebenswertes und liebenswertes Reinheim“ (SPD) oder verspürt „Lust auf Zukunft“ (CDU).

DKP im Wahlkampf

Die alte Losung „Nach der Wahl ist vor der Wahl“ wurde auch 2011 beherzigt. „Unser Weg“, die Kleinzeitung der DKP, wurde weiter regelmäßig herausgegeben, alle zwei Monate, flächendeckend. Und der Internet-Auftritt (www.dkp-reinheim.de) wird regelmäßig gepflegt. Im Dezember sind wir mit einem eigenen Facebook-Auftritt gestartet. (Die Erfahrungen mit diesem Medium sind eine eigene Betrachtung wert.)

Unser Wahlprogramm (Von A wie Armut bis Z wie Zentrum, Medizinisches) ist kurz genug, dass es von vielen Menschen gelesen werden kann. Pro Buchstaben des Alphabets gibt es ein Stichwort. Die Aussagen sind so konkret lokal wie möglich, doch niemals werden überregionale Zusammenhänge und Ursachen ausgeblendet. Bei den Punkten Armut, Banken, Flüchtlinge, Hilfe, Integration, Soziale Stadt oder Tellerrand wird das ebenso deutlich wie bei Y (Bundeswehr).

Bei unseren Plakaten konnten wir in vielen Fällen auf nach wie vor aktuelle Alt-Bestände zurückgreifen. Gut waren zentral hergestellte Neuauflagen richtiger alter Losungen (Beispiel: „Rüstung kürzen, damit die Gemeinden nicht zu kurz kommen.“) Für Reinheim selbst haben wir – auch aufgrund der Erfahrungen und Positionierungen im zurückliegenden Bürgermeister-Wahlkampf – ein Plakat aus dem Jahr 1984 neu aufgelegt: „Ohne uns sehen wir schwarz für Reinheim. DKP – eine ganz wichtige Stimme in Reinheim.“

Auf jeden Fall ist es positiv im Vergleich zu 2011, dass wir mehr Kandidatinnen und Kandidaten gewinnen konnten. Und es gibt auch wieder Briefe unserer Kandidatinnen und Kandidaten, immerhin neun Stück mit einer Auflage von 55 bis 950. Außerdem ruft ein junger Parteiloser mit einem Wählerbrief („DKP wählen – was sonst?“) aufgrund seiner Erfahrungen mit Kommunisten im Ort und Sportverein in Ueberau zur Wahl der DKP auf.

Arno Grieger ist seit 1973 DKP-Stadtverordneter in Reinheim

Arno Grieger ist seit 1973 DKP-Stadtverordneter in Reinheim

Mehrere unserer Kandidatinnen und Kandidaten haben eine langjährige kommunalpolitische und Parlaments-Erfahrung. Selbstverständlich gibt es auch die Kandidatur aus Solidarität: Der 87-jährige Horst Büdinger nimmt den letzten Platz als „Ehrenplatz“ auf der Liste ein. Er ist der Sohn von Adam Büdinger, Bürgermeister in Ueberau von 1948 bis 1960, nicht abgewählt, sondern abgesetzt. (Am Montag erreichte uns die Nachricht, dass Horst Büdinger am 28. Februar als Folge eines Unfalls im Haushalt gestorben ist. Die Redaktion)

Wir haben nicht zu viele Ältere. Wir haben zu wenig Junge, zu wenig Frauen, zu wenige aus allen Ortsteilen.

Und wir haben es nicht vermocht, einen ideenreichen Straßenwahlkampf mit Aktionen oder wenigstens regelmäßigen Info-Ständen zu führen. Das kann jetzt schon auswertend festgestellt werden.

Ergebnis-Voraussage ist schwierig

Umfragen gibt es keine. Eine Voraussage ist schwierig. Das wäre Kaffeesatzleserei. Wir haben formuliert: „Wenn wir unsere vier Stadtverordneten und den Ortsbeirat in Reinheim sowie die zwei Ortsbeiräte in Ueberau halten, wäre das ein großer Erfolg.“

Aufgrund des Wahlsystems gibt es am Wahlabend lediglich ein Trend-Ergebnis. Die exakte Weiter-Auszählung der kumulierten und panaschierten Stimmen erfolgt ab Vormittag des 7. März.

Nur eines ist sicher: Nach der Wahl ist vor der Wahl.

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"Ohne uns sehen wir schwarz für Reinheim", UZ vom 4. März 2016



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