Betr.: „Am Konzept der Antimonopolistischen Demokratie festhalten“, UZ v. 10.3.

Ohne Praxisbezug hilflos

Von Jürgen Lloyd, Krefeld

Neun Beiträge erscheinen in der UZ als Reaktion auf den Debattenbeitrag von Björn Blach und Paul Rodermund. Hinzu kommt eine Redaktionsnotiz des Chefredakteurs, die vermuten lässt, die UZ bereue die Veröffentlichung von Blach/Rodermund in der vorhergehenden Ausgabe, wenn er dort konstatiert, dass der Beitrag auf „breiten Widerstand“ stößt, was „unschwer“ erkannt werden könne. Neun Beiträge, von denen aber nicht einer auf den Hinweis eingeht, „dass die Beschränktheit der kollektiven Praxis der Partei auch der Theorieentwicklung notwendigerweise Grenzen setzt“. Mit diesem Hinweis und mit der Feststellung, „dass Erkenntnisse erst aus der dialektischen Einheit von Theorie und Praxis gewonnen werden können“ haben Blach und Rodermund aber den Kern des Dilemmas jeglicher Strategiedebatte in der Partei benannt. Gleichzeitig ist dies auch die Schwäche einer Partei, die strategisch handeln muss, wenn sie denn ihrer Bestimmung als kommunistisch gerecht werden will.

Das Dilemma, das in der fehlenden Berücksichtigung dieses Zusammenhangs besteht, lässt sich u. a. an folgendem Beispiel darstellen: Der Vorwurf, die antimonopolistische Strategie führe zum Opportunismus, ist meiner Überzeugung nach in der Theorie Ausdruck eines falschen Verständnisses des antimonopolistischen Kampfes. Gleichzeitig trifft dieser Vorwurf aber auf eine reale Praxis der Partei, die sich viel zu oft nicht ausreichend von opportunistischen Haltungen frei macht und derzeit dabei ist, den Aufbruch der letzten beiden Parteitage zu verspielen. Ist der Vorwurf demnach also richtig oder falsch? Er ist beides und gleichzeitig weder – noch. Der Versuch, diese Frage unter Abstraktion von der Praxis zu beantworten, muss ungenügend bleiben und macht den lähmenden Charakter aus, in dem die bisherige Debatte erscheinen muss. Die meisten der neun Beiträge sind auf diese Weise unfreiwillig Beleg dafür, dass Blach/Rodermund Recht haben, wenn sie betonen, dass die Qualität einer Strategiedebatte an die reale Praxis der Partei gebunden ist. Lasst uns nochmal die zweite Feuerbachthese studieren, bevor wir eine Lösung unserer Probleme in nutz- und deswegen hilflosen Strategiedebatten suchen, statt in einer strategischen Praxis.

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"Ohne Praxisbezug hilflos", UZ vom 17. März 2017



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