Über Pandemie-Profite

Ohne Gewähr

„Das ist nichts, was der Markt auch nur im Ansatz lösen könnte“, sagt der Sozialdemokrat Karl Lauterbach zu der Frage, wie jetzt Atemschutzmasken beschafft werden können. Er will, dass die Bundesregierung mit einer eigenen Agentur die Produktion zentral steuert und Firmen beauftragt. Müssen wir uns Sorgen machen, ob der Mann jederzeit Gewähr bietet, voll für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten? Ein Kommentar in der „taz“ ist überschrieben mit „Keine Angst vor Planwirtschaft“.

Lauterbach und der „taz“ liegt es natürlich fern, die Grundordnung von Ausbeutung und Profit in Frage zu stellen. Ihre Klage über ein Versagen des Marktes bedeutet schließlich im Umkehrschluss, dass der Markt eigentlich ganz gut funktioniere, wenn nicht gerade so ein Virus dazwischen kommt.

Dabei funktioniert der Markt wunderbar: Nachfrage steigt, Preise steigen, agile und entschlussfreudige Unternehmer bekommen einen Anreiz, um Atemschutzmasken nähen zu lassen, aus dem Mangel wird in ein paar Monaten ein Überfluss, mit dem sich die Reserven aus hundert nationalen Pandemieplänen füllen lassen.

In dieser Pandemie zeigt sich nur deutlicher als sonst, was dieses Funktionieren des Marktes mit sich bringt – so deutlich, dass es selbst Politiker aus Regierungsparteien und Mainstream-Medien nicht entgeht: Jetzt fehlen Masken, jetzt gefährdet dieser Mangel Menschenleben, jetzt ärgern sich Politiker darüber, dass Geschäftemacher den Marktanreiz als Anreiz nehmen.

Wo die gesellschaftlichen Ressourcen und die gesellschaftliche Arbeit eingesetzt werden, richtet sich nicht danach, was die Gesellschaft braucht. Es richtet sich danach, wo die Herren des Kapitals verdienen können. Natürlich muss die Produktion irgendwie zur kaufkräftigen Nachfrage passen, aber dass beides zusammenpasst, setzt sich nur „als regelndes Naturgesetz gewaltsam durch, wie etwa das Gesetz der Schwere, wenn einem das Haus über dem Kopf zusammenpurzelt“, schreibt Marx im „Kapital“. Zu den Nebenwirkungen dieser Art, die Produktion zu regeln, gehören Verschwendung, Überproduktion und Krise – und, dass einige mit dem Mangel an medizinischer Ausrüstung jetzt das große Geld machen. Irre ist das schon, aber nicht nur während der Pandemie.

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"Ohne Gewähr", UZ vom 10. April 2020



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