Ohne Ergebnis

Herbert Becker im Gespräch mit Gerd Maneke, Leiter der Umweltkommission der DKP

UZ: Wie schätzt du die „offiziellen“ Ergebnisse der Bonner Weltklimakonferenz ein?

Gerd Maneke: Bundesministerin Hendricks meinte: „Es ist uns gelungen, die Klimakonferenz umweltfreundlich und nachhaltig auszurichten. Das ist ein wichtiges Signal für eine Konferenz, bei der es nicht nur auf das Verhandeln, sondern auch auf das Handeln ankommt.“ Wesentliches Ergebnis sei der sogenannte „Talanoa-Dialog“, d. h. „Da die aktuellen Klimaziele unter dem Pariser Abkommen in der Summe noch nicht ausreichen, um die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen, wurde bereits in Paris vereinbart, dass die Staatengemeinschaft immer ehrgeiziger werden muss.“ Hierzu sollen im Laufe des nächsten Jahres der Ambitionsmechanismus (!) – was für ein krudes Wort –, Beiträge aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammengefasst werden, um die Vertragsstaaten zu ehrgeizigerem Handeln zu motivieren.

Wichtige Fortschritte soll es beim sogenannten Regelbuch gegeben haben. Hierbei geht es u. a. um die Frage, wie die Staaten ihre Treibhausgasse messen und dies kommunizieren.

UZ: Und wie bewertest du die offiziellen Ergebnisse?

Gerd Maneke: Eine klimaneutral ausgerichtete Konferenz ist ein Showeffekt, mehr nicht. Talanoa-Dialog ist das Eingeständnis mangelnden politischen Willens nahezu aller beteiligter Staaten und dass es beim Regelbuch, d. h.der Messtechnik, jetzt (= erst) Fortschritte gegeben habe, beruhigt mich nicht so richtig, erklärt aber immerhin etwas, warum es mit der Erderwärmung ungebremst weiter geht.

UZ: Bei welchen wichtigen Punkten hat man mehr oder minder komplett versagt?

Gerd Maneke: Das komplette Versagen ist meiner Meinung nach die Unverbindlichkeit aller Beschlüsse. Angeblich sollen ja im kommenden Jahr in Kattowitz auf der nächsten Weltklimakonferenz die Umsetzungsregeln für das Pariser Klimaabkommen beschlossen werden, wir dürfen gespannt sein. Besser wäre es allerdings, nicht zu warten, sondern Druck von außen zu machen.

UZ: Und wobei gab es immerhin Ansätze, dass sich irgendwas in nächster Zeit bewegt?

Gerd Maneke: In Bonn haben 22 000 Menschen 14 Tage lang diskutiert und verhandelt mit den geschilderten Ergebnissen. Bewegt haben sich über 30 000 auf den drei Demonstrationen und darüber hinaus auch Vorschläge gemacht, die nicht durch die Konzernzensur gingen.

UZ: Die noch amtierende Bundesumweltministerin gab ja manch starke Töne von sich, aber war das nur heiße Luft?

Gerd Maneke: Frau Hendricks machte in der Vergangenheit den einen oder anderen positiven Vorstoß, den auch ich im Einzelfall unterstützte. Klima- und Umweltpolitik ist aber nicht im Ressort zu lösen. Eine Schwalbe macht noch keinen Frühling, ist sie aber überhaupt eine Schwalbe oder doch eher ein Kuckuck?

UZ: Wie schätzt du die Demonstrationen ein, was die inhaltlichen Aussagen angeht, die Bündnisbreite und künftige Zusammenarbeit?

Gerd Maneke: Die größte gleich zu Beginn mit dem Motto: Kohleausstieg. Gewiss nicht falsch von der Zielstellung – ist doch die Kohleverstromung bei der CO2-Emission dominant. Aber ohne die Begleitmusik der gleichzeitigen massiven Förderung erneuerbarer Energien bei gleichzeitiger Effizienzanstrengungen und Energieeinsparungen lauert hier die Atomwirtschaft, die nach wie vor modernisiert, forscht und die Hoffnung nach einer Renaissance noch lange nicht aufgegeben hat, sich gar als Klimaretter aufspielt. Dies war auch ein Grund für die Demonstrationen am 11. November, die sich als Ergänzung der ersteren verstanden. Klarer wurde hier auch die Verursachung, nämlich die kapitalistische Profitwirtschaft, benannt.

UZ: Die DKP hat dieses Bündnis mitgetragen, welche Aufgaben siehst du für die Partei im Vordergrund?

Gerd Maneke: Eine breitere Verankerung der Thematik in unserer Alltagspolitik. „ An so etwas nehmen wir auch teil!“ waren Äußerungen von jungen Genossinnen und Genossen. Aber auch „Ach, die DKP ist ja auch dabei“ von Teilnehmern der Demonstrationen. Die Akzeptanz unserer UZ und des Umweltinfos zeigte mir auf, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind. Auch die Zusammenarbeit mit der belgischen Partei der Arbeit mit ihrem Klimaslogan: „Rot ist das neue Grün“ hier auf der Demonstration zeigt in die richtige Richtung.

UZ: Wird die Umweltkommission der DKP für den nächsten Parteitag einen politischen Antrag stellen? Wenn ja, mit welchem Tenor?

Gerd Maneke: Da sind wir in der Umweltkommission noch in der Diskussion. Ohne Frage benötigen wir hier mehr Parteidokumente zum Thema. Da ich Ökolandwirt bin, liegen mir persönlich auch Aussagen zur Verantwortung der landwirtschaftlichen Produktion, deren klimaverträglicher Ausrichtung sowie zur Tierhaltung am Herzen.

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"Ohne Ergebnis", UZ vom 24. November 2017



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