Immer wieder wird die syrische Regierung beschuldigt, chemische Waffen einzusetzen. Zuletzt wurden die Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Angriff auf Ghuta erhoben. Jetzt berichtet die „New York Times“, ein Sprachrohr der US-Eliten, UN-Experten haben einen Bericht verfasst, nach dem die syrische Regierung gemeinsam mit Nordkorea an der Entwicklung chemischer Waffen arbeite.
Die Vorwürfe sind schwerwiegend – weil sie schon einmal dazu dienten, einen Angriff der US-Luftwaffe auf einen syrischen Militärstützpunkt zu rechtfertigen und immer wieder als Rechtfertigung künftiger Angriffe auf Syrien herhalten. Der französische Präsident Macron drohte Syrien mit Krieg, wenn der Einsatz chemischer Waffen erwiesen sei, ebenso der britische Außenminister Boris Johnson.
Die Vorwürfe wegen des angeblichen Einsatzes von Chemiewaffen hielten einer kritischen Prüfung nicht stand. So zeigte der bekannte investigative US-Journalist Seymour Hersh in seinen Untersuchungen, dass es sich z. B. bei den Meldungen aus Khan Sheikoun um Vorfälle handelte, die von den Dschihadisten inszeniert waren. Und selbst der US-Verteidigungsminister Mattis stellt gelegentlich klar, dass es keine Beweise dafür gibt, dass Syrien Chemiewaffen eingesetzt habe. „Wir haben Berichte darüber – aber keine Beweise“, erklärte er im Pentagon gegenüber Journalisten.
Der UN-Bericht über die Zusammenarbeit von Nordkorea und Syrien entbehrt belastbarer Substanz. Er erwähnt mehrere Sendungen aus Nordkorea, die zur Herstellung von chemischen Waffen genutzt werden könnten – erklärt aber zugleich, dass sie ebenso gut rein zivilen Aufgaben dienen können.
Viele der Informationen im UN-Bericht wurden von „nicht identifizierten Mitgliedstaaten der UN“ zur Verfügung gestellt. Wir können nur vermuten, dass es die selben Staaten sind, die den Nachweis chemischer Waffen als Rechtfertigung für einen direkten Angriff gegen die syrische Regierung betrachten.
Mit diesem UN-Bericht und seiner Darstellung in den Medien wird einfach ein Thema wiederholt, das vor dem Irakkrieg 2003 eingesetzt wurde, um Stimmung für den Krieg zu machen – damals mit Erfolg.
Damals ging es um Aluminiumröhren, die der Irak bestellt hatte und deren Spezifikation „bewies“, dass sie nur zur Herstellung spaltbaren Materials eingesetzt werden könnten – doch wie wir wissen, gab es kein irakisches Atomwaffenprogramm. Nun sind es „säurebeständige Ventile“ – für die vorgeblichen syrischen Chemiewaffen. Und selbst die „New York Times“ schreibt, „andere Experten“ hielten den Bericht nicht für beweiskräftig.
Die syrischen Chemiewaffen wurden unter internationaler Aufsicht 2016 zerstört. Der Blick auf eine Karte der militärischen Situation in Syrien zeigt heute ein völlig anderes Bild als damals. Außer Idlib und dem Norden Syriens unter kurdischer Kontrolle sind die Dschihadisten weitgehend vertrieben.
Ein Regime-Change à la USA ist heute allenfalls nach dem Vorbild Libyens möglich: durch eine direkte militärische Aktion der USA und ihrer Verbündeten. Mit ihren Berichten arbeitet die „New York Times“ daran, dass diese „Option“ akut bleibt.