Neue Ausgabe der Kleinzeitung der DKP Trier befasst sich mit schwierigem Wohnungsmarkt

„Offensichtlich, dass wir rausgedrängt werden sollen“

Frederic Bros

Die DKP Trier hat kürzlich die neueste Ausgabe ihrer Kleinzeitung „Balaver“ veröffentlicht. Schwerpunkt der Dezember-Ausgabe ist der Wohnungsmarkt in Trier. Trotz 3.540 leerstehender Wohnungen in der rheinland-pfälzischen Stadt ist die Situation dort angespannt. Betroffen sind insbesondere auch Studenten. Frederic Bros hat dazu die 22-jährige Studentin Kathi interviewt. Sie wohnt seit zwei Jahren in einem Studentenwohnheim im Stadtteil Olewit. Es soll im März geschlossen werden. Die Firma Palais Kesselstatt GmbH & Co. KG hat vor, es zu sanieren, um dann teure Wohnungen darin anbieten zu können. Wir veröffentlichen das Interview in voller Länge:

Balaver: Wie lange wohnst du schon im Wohnheim? Wie würdest du deine Erfahrung bis jetzt beschreiben?

Kathi: Ich wohne jetzt seit zwei Jahren hier im Wohnheim Olewig. Für mich war es bisher ein bezahlbarer und unkomplizierter Ort, um während des Studiums zu leben. Es ist klar, dass es nicht der luxuriöseste Wohnraum ist, aber für Studierende mit wenig Geld ist es genau das Richtige – eine bezahlbare Lösung, die uns die Freiheit gibt, sich aufs Studium zu konzentrieren.

Balaver: Welche Rolle spielt das Wohnheim für dich, besonders in Bezug auf deine finanzielle Situation als Studentin? Geht es deinen Mitbewohnern da ähnlich?

Kathi: Das Wohnheim bedeutet für mich und viele andere vor allem Sicherheit. Ohne das Wohnheim müsste ich meine Eltern deutlich mehr um Unterstützung bitten, was nicht für jeden eine Option ist. Für viele hier ist das Wohnheim existenziell, weil wir auf dem freien Wohnungsmarkt keine Chance hätten. Es ist einfach zu teuer, und es gibt zu wenig verfügbaren Wohnraum. Diese Sicherheit wird uns jetzt genommen.

Balaver: Wie sind die Konditionen im Wohnheim, und an wen richtet sich das Wohnheim?

Kathi: Die Zustände der Zimmer lassen grundsätzlich schon zu wünschen übrig, aber die eigentliche Ausstattung mit Bad und kleiner Küchenzeile ist absolut zufriedenstellend. Das Gebäude ist teilweise heruntergekommen, und es musste immer wieder etwas repariert werden. Trotzdem waren wir als Bewohner dankbar für den günstigen Wohnraum und haben uns im Wohnheim zuhause gefühlt. Das Wohnheim ist vor allem als erste Anlaufstelle für alle Studierenden gedacht. Vor allem für die, die von weiter weg nach Trier ziehen, allerdings auch für viele internationale und finanzschwächere Studierende.

Balaver: Wie hast du auf die Nachricht reagiert, dass das Wohnheim jetzt im März endgültig geschlossen und saniert werden soll?

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(Foto: privat)

Kathi: Dadurch, dass, als ich 2022 eingezogen bin, schon einmal ein Abriss geplant war, der dann nicht umgesetzt wurde, habe ich ständig gehofft, dass es doch nicht zum Abriss oder zu einer Schließung kommt. Auch weil wir nichts vom Studiwerk gehört haben. Erst im September 2024 – als schon wieder die neuen Mieter eingezogen waren – kam die Mail, dass das Wohnheim geschlossen wird. Die Ankündigung wirkt wie eine Vertreibung – einfach, weil wir uns den neu sanierten Wohnraum nicht leisten können werden. Es ist so offensichtlich, dass wir hier zugunsten von zahlungskräftigeren Mietenden rausgedrängt werden.

Balaver: Vor welche praktischen Herausforderungen siehst du dich jetzt gestellt? Unterstützt dich das Studierendenwerk dabei?

Kathi: Die größte Sorge ist, dass der Wohnraum in Trier sowieso schon knapp und teuer ist. Das Studiwerk bietet uns die ‚bevorzugte Aufnahme‘ in andere Wohnheime an, aber das ist eher ein Witz – die sind alle voll. Viele hier wissen nicht, wo sie nach dem März hin sollen, und einige können es sich einfach nicht leisten, früher umzuziehen, selbst wenn sie eine andere Wohnung finden. Das Studiwerk ist dabei leider auch keine Hilfe. Die größte Sorge ist, dass der Wohnraum in Trier sowieso schon knapp und teuer ist. Es fühlt sich an, als wollte das Studiwerk uns einfach loswerden, ohne dass wirklich Lösungen für uns gefunden werden. Dass wir aus den Mietverträgen nicht früher rauskommen, halte ich für das größte Problem.

Balaver: Warum ist das so problematisch? Wie bewertest du das Verhalten des Studiwerks?

Kathi: Kaum jemand kann es sich leisten, mehrere Monate doppelt Miete zu zahlen. Auf der anderen Seite sollen dann 166 Mieter gleichzeitig nach einer Wohnung suchen – genau zum Semesterwechsel. Dazu kommen ja erst noch die Studierenden, die im März 2025 nach Trier ziehen. Für sie wird es auch extrem schwierig, eine Wohnung zu finden. Ich finde die Maßnahmen des Studiwerks absolut nicht ausreichend. Seit den ersten Plänen 2022 gab es keine konkreten Alternativen. Es wirkt eher so, als sei es ihnen egal, was mit uns passiert, solange die Sanierung weiterläuft.

Balaver: Was sagen die anderen Bewohner über die Situation?

Kathi: Die Stimmung ist ein Mix aus Resignation und Verärgerung. Es gibt aber auch eine erste Initiative von Anwohnern gemeinsam mit der SDAJ, die gerade mögliche Perspektiven für Gegenwehr erkunden. Einige der Bewohner wenden sich regelmäßig per Mail an das Studiwerk, stoßen da aber vermehrt auf taube Ohren. Von ein paar Bewohnern, die jetzt schon ausgezogen sind, habe ich auch gehört, dass sie wegen lapidarer Gründe ihre rund 600 Euro Kaution nicht wiedererhalten.

Balaver: Wie beurteilst du die Rolle der Investoren, der Palais Kessellstatt GmbH & Co. KG, in diesem Prozess?

Kathi: Die Firma und ihre Profitinteressen stehen ganz klar über unseren Bedürfnissen. Statt Wohnraum für Studierende zu sichern, wird das Wohnheim saniert, um es zu einem lukrativeren Projekt zu machen. Es ist erschreckend, wie offensichtlich hier wirtschaftliche Interessen über die Bedürfnisse von Menschen gestellt werden, die wenig haben.

Balaver: Wir wissen, dass so etwas kein Einzelfall ist. Solche Fälle wiederholen sich überall in Deutschland ständig. Was denkst du darüber?

Kathi: Das ist absolut ungerecht. Wohnraum sollte ein Grundrecht sein, kein Spekulationsobjekt. In Trier, wie auch anderswo, werden Wohnungen als Ware behandelt, was zur Verdrängung von Menschen führt, die finanziell schwächer aufgestellt sind. Das ist kein Zufall, sondern eine Ungleichheit, die Symptom dieses Systems ist.

Balaver: Fühlst du dich als Studierende von der Stadt und der Gesellschaft ausreichend repräsentiert? Welche Art von Unterstützung wünschst du dir aktuell am meisten?

Kathi: Die Gesellschaft, die eigentlich in Bildung investieren sollte, schaut einfach zu, wie Konzerne ihre Profite maximieren. Es ist enttäuschend und zeigt, dass die Interessen Einzelner über das Gemeinwohl gestellt werden. In diesem System zählen nur noch Zahlen und nicht Menschen. Für uns aktuell würde ich sagen, dass wir am dringendsten Zugang zu neuen Wohnmöglichkeiten brauchen und vor allem die Möglichkeit, uns frühzeitig umschauen zu können. Ein Anfang wäre schon, wenn das Studiwerk uns zumindest früher aus den Verträgen lassen würde, wenn sie sich sonst schon kaum kümmern.

Balaver: Was wünschst du dir für die Zukunft studentischen Wohnens in Trier?

Kathi: Ich wünsche mir gerechte und vorzeitig kündbare Mietverträge. Ich wünsche mir, dass bezahlbarer Wohnraum für alle ein Grundrecht wird und nicht durch profitorientierte Entscheidungen bedroht wird. Vor allem wünsche ich mir, dass meine Mitbewohner, meine Kommilitonen und alle anderen, die ähnliches vor sich haben, sich gemeinsam organisieren und sich gegen diese Praktiken stemmen.

Die Dezember-Ausgabe der Balaver zum Download:

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