Klaus Wagener zur US-Drohung gegen die Fährhafen Sassnitz GmbH

Offene Kriegserklärung

Der Brief der US-amerikanischen Senatoren Ted Cruz, Tom Cotton und Ron Johnson an die Fährhafen Sassnitz GmbH ist an Deutlichkeit kaum zu überbieten. Es ist eine Art offene Kriegserklärung im Mafia-Style: Wenn ihr nicht tut, was wir sagen, machen wir euch fertig!

Washington versucht auf Biegen und Brechen seine Fracking-Industrie zu retten und einen Keil zwischen Russland, Iran und Europa zu treiben. Jetzt, in der Corona-Krise, erst recht. Deutschland möchte zum europäischen Gas-Hub aufsteigen und von den Wendungen des US-Vasallen Ukraine unabhängig werden. Ein Widerspruch, der sich nicht mit netten Worten lösen lässt.

Die Trump-Regierung im „Make-America-Great-Again“-Modus hat sämtliche Normen des „regelbasierten Westens“ längst hinter sich gelassen und agiert international im Stil der „Ehrenwerten Gesellschaft“. Wer sich beispielsweise wie der letzte Halunke das syrische Öl und das venezolanische Gold unter den Nagel reißt, der hat auch kein Problem damit, die Bundesrepublik oder den Fährhafen Sassnitz zu erpressen. Die Frage ist allerdings: Wie reagiert die Bundesregierung auf so etwas?

Windelweich. Anders lässt sich das, was bislang aus dem zuständigen Außenministerium gekommen ist, kaum charakterisieren. Das Vorgehen sei „völlig unangebracht“, so der vorgeschickte Staatsminister im Auswärtigen Amt, Niels Annen. „Eine ganz neue, nicht akzeptable politische Qualität“, sieht der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Carsten Schneider. Landeschefin Manuela Schwesig glaubt sogar: „Deutschland kann selbst entscheiden, woher und auf welchem Weg es seine Energie bezieht.“ Juristisch defensiv argumentiert auch Heiko Maas. Kein Staat habe „das Recht, der EU ihre Energiepolitik zu diktieren“. Die Sanktionen seien „definitiv der falsche Weg“. Das sind Worte. Nicht mehr.

Das Wedeln mit Gesetzestexten mag ja auf den Juristen Maas Eindruck machen, bei den US-Boys and -Girls sieht das deutlich anders aus. Hier zählen nur die Gesetze, die man selber macht. Und die haben auch für die Europäer zu gelten. Heiko Maas hat ausgesprochenes Pech. Die Zeiten, wo der deutsche Außenamts-Chef als Grüßaugust von US-Gnaden durch die Welt jetten konnte und es damit zu höchsten Beliebtheitswerten brachte, sind seit Trumps „Make Amerika Great Again“-Politik vorbei.

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"Offene Kriegserklärung", UZ vom 21. August 2020



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