Offenbarungseid

Markus Bernhardt über Gemeinnutz

Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit des Bundesverbandes der VVN-BdA passt perfekt zum vorherrschenden Zeitgeist des offensiven Rechtsrucks. Selbstverständlich bleibt dieser vor allem für die Linke, für Migrantinnen und Migranten und auch für Umweltschützer nicht folgenlos. Der Null-Toleranz-Ansatz in der Sicherheits- und Strafpolitik beschneidet die Grund- und Freiheitsrechte gegenwärtig in einem Tempo, das schwindelig macht. Von Staats wegen findet dieser Tage vor allem das Feindstrafrecht Anwendung, das den zu Gegnern erklärten Kritikern der gesellschaftlichen Ordnung die Bürgerrechte verweigert. Mit dem Angriff auf die VVN-BdA hat dieser Zeitgeist nun auch Einzug in das Steuer- und Gemeinnützigkeitsrecht gefunden.

Wenn demokratischen Vereinen die Existenzgrundlage entzogen wird, lohnt ein Blick darauf, welche Organisationen denn als gemeinnützig gelten. Neoliberale oder gar rechtsextreme Vereine haben bisher nämlich wenig zu befürchten, obwohl der Bundesfinanzhof verlangt, dass gemeinnützige Organisationen in „geistiger Offenheit“ agieren müssten. Als „gemeinnützig“ gelten zum Beispiel die Bertelsmann-Stiftung, die Deutsche Gesellschaft für Wehrtechnik, die die Rüstungslobby vertritt, der Förderverein der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“, der maßgeblich von Arbeitgeberverbänden getragen wird, aber auch der als rechtsextrem geltende Verein „Uniter“, zu dem sich unter anderem KSK-Soldaten zusammengeschlossen haben. Bis vor kurzem wurde gar das rassistische Hetzportal „Jouwatch“ als „gemeinnützig“ geführt.

An diesem Samstag wird in der SPD-Zentrale ausgezählt, ob Bundesfinanzminister Olaf Scholz nach der Mitgliederbefragung den Parteivorsitz übernehmen wird. Seine Politik, die auf eine Zerschlagung antifaschistischer und demokratischer Organisationen abzielt, zeigt ein Verständnis von Gemeinnutz, das nach rechts weit offen ist.

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"Offenbarungseid", UZ vom 29. November 2019



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