Öffentlicher Befristungswahn

Nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) lag der Anteil befristet Beschäftigter im öffentlichen Dienst (ohne Beschäftigte in der Wissenschaft) mit 7,1 Prozent im Jahr 2014 über dem Durchschnitt der Gesamtwirtschaft. Außerdem sei er spürbar gestiegen, weil Neueinstellungen überwiegend befristet erfolgen. Klammere man die Beamtinnen und Beamten bei der Betrachtung aus, läge der Befristungsanteil im öffentlichen Dienst 2014 sogar bei 9,3 Prozent, für junge Beschäftigte unter 35 Jahren sogar bei über 20 Prozent.

Besonders problematisch ist laut ver.di der rasante Anstieg sachgrundloser Befristungen. Machten diese 2004 17,5 Prozent aller Befristungen aus, seien es 2013 bereits 35,7 Prozent gewesen. „Ersatzbedarf ist dabei in weniger als der Hälfte der Fälle der Grund für die Befristung. Oft liegt es an fehlenden Finanzmitteln“, stellte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Wolfgang Pieper mit Bezug auf die Zahlen des IAB fest. „Wenn rund 60 Prozent der Einstellungen im öffentlichen Dienst nur befristet erfolgen, gegenüber rund 40 Prozent in der Privatwirtschaft, zeugt das nicht von der Attraktivität des Arbeitgebers öffentlicher Dienst“.

Besonders hoch ist der Anteil befristeter Beschäftigung in der Wissenschaft, die vom IAB nicht berücksichtigt wurde. „Neun von zehn wissenschaftlichen Angestellten an Hochschulen werden mit einem Zeitvertrag abgespeist, über die Hälfte der Verträge läuft nicht einmal ein Jahr“, sagte der stellvertretende GEW-Vorsitzende Andreas Keller zur Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes. Diese sei zwar ein „wichtiger Teilerfolg“, bleibe aber insgesamt vage. „Ins Wissenschaftszeitvertragsgesetz gehören konkrete Mindestlaufzeiten, eine verbindliche Familienkomponente und verlässliche Beschäftigungsperspektiven für studentische Hilfskräfte. Für Daueraufgaben in Forschung, Lehre und Wissenschaftsmanagement muss es Dauerstellen geben.“

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"Öffentlicher Befristungswahn", UZ vom 8. Januar 2016



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