Berlins Innensenator will die Polizei mit Elektroschockern ausrüsten

Nur eine Stinkbombe?

Von Nina Hager

Am Mittwoch der vergangenen Woche stellte Berlins Innensenator Frank Henkel, zwei Wochen vor den Berliner Wahlen, sein neues Konzept vor: Die Berliner Polizei soll mit Elektroschock-Waffen, sogenannten Tasern – einer „Distanz-Waffe“ –, ausgestattet werden. Deren Einsatz ist hoch umstritten, hat in anderen Ländern bereits zu Todesopfern geführt.

Doch die Ausrüstung der Polizei mit Tasern ist ein Traum, den Teile der Berliner CDU und andere Fanatiker der „Inneren Sicherheit“ mindestens seit den späten 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts verfolgen. Das SEK in Berlin hat drei Taser im Gebrauch, setzt sie aber sehr selten – meist zur Verhinderung drohender Selbstmorde – ein. Allerdings besteht dafür bis heute keine gesetzliche Grundlage. Und auch nach den Abgeordnetenhauswahlen am 18. September wird sich im Parlament für eine Gesetzesänderung und die Einführung der Elektroschocker mit großer Wahrscheinlichkeit keine Mehrheit finden.

Zunächst aber, so die Planungen aus dem Innenressort, sollen die „Elektroschocker“ (Stückpreis ca. 1 000 Euro) in der Praxis getestet werden. Am Alexanderplatz und in der Friedrichstraße.

Die Fraktionschefin der Grünen und Spitzenkandidatin, Ramona Pop, reagierte auf Henkels Plan: „Das ist eine letzte Verzweiflungstat von Frank Henkel. Statt sich um die Grundausrüstung der Polizeibeamten zu kümmern, macht er daraus ein Wahlkampfspektakel.“ Udo Wolf, Fraktionsvorsitzender der Linkspartei im Berliner Abgeordnetenhaus, erklärte am 30. August: „Offenbar sieht Innensenator Henkel das Ende seiner Amtszeit nahen. Dass er nun mit einer einsamen Entscheidung den Taser für Streifenpolizisten einführen will, ist ein gefährliches Wahlkampfmanöver.

Niemand außer der CDU will den Taser. Er ist keine harmlose Waffe, sondern kann lebensgefährlich sein. Insbesondere bei Schüssen auf die Brust und bei Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen ist die Gefahr groß. Im Streifendienst hat der Taser nichts zu suchen.“

Die SPD scheint dagegen nicht abgeneigt. Ihr innenpolitischer Sprecher, Frank Zimmermann, meinte, seine Partei hätte sich einen Probelauf durchaus vorstellen können, aber bitte erst nach politischer und parlamentarischer Befassung mit dem Thema. Wer in so einer Hektik vorpresche und das zweieinhalb Wochen vor einer Landtagswahl, so Zimmermann „der handelt nicht seriös“. Henkel wies das bei einer Pressekonferenz am 31. August zurück. „Für die Erinnerungslücken der SPD kann ich nichts.“

„Es scheint fast so, als hätte der Innensenator pünktlich zum Wahlkampf sein Ressort für sich entdeckt“, meint Steve Feldmann, Vorstandsmitglied der GdP Berlin. „Taskforce Schießstände, Einbruchsbekämpfung 2.0 und jetzt Taser – der Senator hat angefangen, Themen seines Ressorts in Angriff zu nehmen.“ Feldmann hält jedoch – gesetzliche Neuregelungen vorausgesetzt – den Einsatz von Tasern durchaus für sinnvoll. Seine Position wird nicht von allen in der GdP geteilt.

„Darüber, ob das Sinn hat, wird in Berlin fast seit Erfindung des elektrischen Stroms diskutiert. Daran, dass Henkels jetzige Entscheidung ein Signal an die eigene Klientel und ein Stinkbömbchen in Richtung SPD ist, dürften weniger Zweifel bestehen“, schrieb der „Tagesspiegel“ am 30. August und verharmloste damit zugleich das Problem: Henkel will sich und seine Partei mit allen Mitteln vor der Berliner Wahl als „einzige Garanten“ für die innere Sicherheit in der Stadt profilieren.

Doch in Mecklenburg-Vorpommern hat dies seinem Amts- und Parteikollegen Caffier und der CDU bekanntlich nichts genutzt. Nutznießer war dort die AfD.

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"Nur eine Stinkbombe?", UZ vom 9. September 2016



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