Die Rhön AG hat seit Februar einen neuen Vorstandsvorsitzenden. Er heißt Stephan Holzinger und ist ein knallhart profitorientierter Manager ohne Erfahrung im Gesundheitswesen. Wessen Geistes Kind der Mann ist, hat er in einem Interview mit der „Gießener Allgemeinen“ offenbart. Dort äußerte er große Bewunderung für den US–Senator John Warner, einen rechten Republikaner, für den er mal gearbeitet hatte. Bewundernswert fand er, dass dieser zweimal sehr reiche Frauen geheiratet hat, Elizabeth Taylor und die Milliardärserbin Catherine Mellon. Bei den Scheidungen habe er so viel Geld mitgenommen, dass er den Rest seines Lebens Politik machen konnte.
Seit dem Deal zwischen der Landesregierung und der Rhön AG, Betreiberin des Uniklinikums Gießen-Marburg (UKGM) sind einige Wochen vergangen. Völlig zufrieden mit dieser Abmachung – die Rhön AG erhält in den nächsten fünf Jahren fast 100 Mio. Euro mehr vom Land als ursprünglich vereinbart – können nur die Aktionäre sein. Ihnen, die eh schon reich sind, winken fette Dividenden.
Unipräsident Mukherjee sagte in einem Interview, es müsse sichergestellt sein, dass das Geld nicht für die Krankenversorgung zweckentfremdet werde – Dividendenausschüttungen sind für ihn keine Zweckentfremdung.
Die in Forschung und Lehre tätigen Ärzte vermissen bei der Vereinbarung eine Festlegung, wie viel Zeit sie für diese Aufgaben bekommen. Sie fürchten mit Recht, dass sie wegen der ständigen Überlastung im Krankenhausbetrieb auch weiterhin ihre Freizeit dafür opfern müssen. Auch für die Medizinstudenten ist nicht sichergestellt, dass ihren Ausbildern mehr Zeit für die Ausbildung am Krankenbett bleibt.
Alle Beschäftigten müssen damit leben, dass die Rhön-Geschäftsführung nach wie vor keine Notwendigkeit für einen Tarifvertrag zu ihrem Gesundheitsschutz sieht. So ein Vertrag würde verbindliche Personalschlüssel bedeuten – bei der hohen Zahl der Überlastungsanzeigen ist das offensichtlich überfällig. Bei der Ignoranz der Rhön AG gegenüber den Interessen des Personals wird so etwas wohl nur nach wirksamen Streiks durchsetzbar sein.
Wissenschaftsminister Boris Rhein (CDU) verteidigte im Landtag die Abmachung mit der Rhön AG und dabei auch den Verzicht der Regierung auf die zwei Sitze im Aufsichtsrat, die dem Land eigentlich zustehen. Er hält es für richtig, der reinen Profitorientierung freien Lauf zu lassen. Damit handelt er ganz im Sinne seiner Parteivorsitzenden Merkel. Diese pries auf einem von der Bundesregierung veranstalteten „Digitalgipfel“ die „großen neuen Wertschöpfungsmöglichkeiten“ im privatisierten Gesundheitswesen an. Ohne massive Gegenwehr bleiben die Interessen der Patienten und des Personals auf der Strecke.