Zur neuen Deutschen Staatsräson, der Unterordnung unter Kiews Propaganda

Nur der Russe schießt

Im politischen Apparat des deutschen Imperialismus führt Negativ­auslese seit jeher stracks in höchste Ämter. Dafür gelten, meinte noch 1954 der ungarische Philosoph Georg Lukács in seinem Buch „Die Zerstörung der Vernunft“, zum Beispiel die militärischen Fachleute als äußerst professionell, etwa Hindenburg und Ludendorff oder Rommel und Heusinger. Alle vier verloren zwar zwei Weltkriege, aber der Letztere hatte einen solchen Ruf, dass er in der Bundeswehr weiter für den Endsieg arbeiten durfte. Oberst Georg Klein, der 2009 das Massaker an Zivilisten bei Kundus in Afghanistan befahl, wurde rasch General, allerdings gab es für die Flucht aus Kabul 2021 nur mäßige Beförderungen. Vielleicht waren 250.000 tote afghanische Zivilisten in 20 Jahren Krieg einfach zu wenig.

Die Lust auf den dritten Weltkrieg wächst aber im Parlament und seinem Medientross. So twitterte zum Beispiel die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), am Abend des 15. November zur Nachricht von einem Raketeneinschlag in Polen: „Nicht nur haben russische Raketen offenbar Polen und damit NATO-Gebiet getroffen, sondern auch zu Toten geführt. Das ist das Russland, mit dem hier einige absurderweise immer noch verhandeln wollen.“ Am nächsten Tag fragte die Talkshow-Moderatorin Sandra Maischberger: „Müssen Sie nicht vorsichtiger sein mit solchen Einschätzungen?“ Antwort: Nein. Sie, Strack-Zimmermann, sei unabhängige Abgeordnete und das sei ihre Meinung. Sie habe zwar den Tweet gelöscht, weil er ein „Querschläger“ sei, doch verwahre sie sich dagegen, „dass wir jetzt anfangen, Opfer und Täter zu verwechseln!“. Denn es schießt nur einer, weiß solch Spitzenkraft: der Russe.

Außerdem, wäre hinzuzufügen, ist Beschuss von Wohnsiedlungen für Kiew Gewohnheitssache, siehe Donbass seit 2014 mit 15.000 Toten. Da fallen zwei Polen für Selenski und Co. nicht ins Gewicht. Wer wie die Konzern- und Staatsmedien aber über den Massenmord in der Ostukraine acht Jahre lang geschwiegen hat, kann das nur dadurch wieder gutmachen, dass er jetzt den Russen als Polenmörder entlarvt. Am 17. November resümierte Kolumnistin Sabine Rennefanz im „Spiegel“: „Es war erschreckend, beängstigend, wie schnell nach dem Raketeneinschlag in Polen von Eskalation, ‚Bündnisfall‘ und drittem Weltkrieg die Rede war – obwohl keiner richtig wusste, was eigentlich passiert war.“ Sie nannte als Beispiele Strack-Zimmermann und „Bild“-Chefredakteur Johannes Boie, der am Dienstag kommentiert hatte: „Die russische Armee hat Polen bombardiert.“ Warum müssen sich, fragte Rennefanz, „deutsche Parlamentarier, Medien und Experten zum Sprachrohr der ukrainischen Propaganda machen?“

Eine Antwort könnte der 4. November geben: An diesem Tag stimmte die Bundesrepublik im Dritten Ausschuss der UN-Vollversammlung gemeinsam mit 51 anderen Staaten, darunter alle EU-Staaten und die USA, gegen den von Russland und 31 weiteren Staaten eingebrachten Entwurf einer Resolution zur „Bekämpfung der Verherrlichung des Nationalsozialismus und des Neonazismus“. Bisher hatte sich Berlin bei den Erklärungen, die dazu seit 2005 von Moskau jährlich eingebracht werden, enthalten. Diesmal stimmten 105 Staaten dafür, 15 enthielten sich.

„Zeitenwende“ bedeutet, sich den in Kiew tonangebenden Faschisten ideologisch unterzuordnen und ihre Hetze gegen Russland, die Glorifizierung des Faschismus und ihren Antikommunismus in der Bundesrepublik zu verankern. Das ist dank Annalena „Russland ruinieren“ Baerbock und Olaf „Slawa Ukraini“ Scholz jetzt deutsche Staatsräson.

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"Nur der Russe schießt", UZ vom 25. November 2022



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