Zu den neuen Castor-Transporten

Nun rollt er wieder

Seit 2011, als es den letzten Atommüll-Transport nach Gorleben gab, war es still geworden um diese hochgefährliche Fracht quer durch die Republik. Jetzt sind angeblich die Wiederaufbereitungsanlagen im englischen Sellafield und im französischen La Hague überfüllt und der strahlende Dreck soll wieder zurück nach Deutschland. Einen geeigneten Platz dafür hat man nicht. In diesem Sommer wurde nach langem Tauziehen beschlossen, dass eine Kommission nach einem geeigneten Endlagerplatz suchen solle, dabei wurde vorläufig die halbe Republik für geeignet erklärt.

Der vor geraumer Zeit beschlossene Atomausstieg mit der Übernahme aller weiteren Kosten für die Ewigkeit der Lagerung durch den Staat mit dem kleinen Beitrag der Energiebetreiber von lächerlichen 4 Milliarden Euro schien große Teile der Bevölkerung zu beruhigen. Aber das Hintertürchen bleibt, denn im Dezember 2019 wurde die Atomenergie als Beitrag zur Klimaneutralität auf dem EU-Gipfel ausdrücklich genannt. Die Energiekonzerne und die GroKo arbeiten still und leise an einer Laufzeitverlängerung über 2022. Auch dafür muss die Covid-19-Pandemie noch herhalten. Sechs Atomreaktoren sind in Deutschland noch in Betrieb, ebenso die beiden Uranfabriken in Lingen und Gronau, für die es überhaupt noch keinen Stilllegungstermin gibt. Also wird weiterhin Strahlenmüll produziert, dann nach England und Frankreich transportiert und dann kommt er auf lange Zeit zurück, um hier – wo auch immer – gelagert zu werden.

Seit Anfang dieser Woche geht der erste von vier geplanten Castor-Transporten an den Start. An der Nordseeküste wird umgepackt vom Schiff auf einen Zug, dann wird das Zeug bis nach Biblis in Südhessen „strahlend“ durchs Land gefahren. Neun Jahre passierte so was nicht, jetzt hat es die Bundesregierung eilig und beruft sich auf „völkerrechtliche Verträge“, die wohl die letzten Jahre keine Rolle gespielt haben. Dass man pünktlich zu Beginn des zweiten Lockdowns mit der Kutschiererei beginnt, in der Hoffnung, die Proteste klein zu halten, ist sicherlich Kalkül. Dabei gefährdet man wissentlich die Protestierenden, die mit vielen Mahnwachen und kleinen Kundgebungen ihre Forderung nach sofortiger Stilllegung aller Atomanlagen bekräftigen wollen. Und man gefährdet mehr als 5.000 Polizeikräfte, die die ganze lange Strecke bewachen sollen.

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"Nun rollt er wieder", UZ vom 6. November 2020



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