„Lob allein reicht nicht“, meint die Gewerkschaft ver.di

Nullrunde im Bankgewerbe?

Von Werner Sarbok

Drei Fragen an

Roman Eberle (ver.di)

„Wir streiken, damit wir in der Tarifrunde weiterkommen“

Während einer Kundgebung vor der Commerzbank in Essen sprach UZ-Redakteur Werner Sarbok mit ver.di-Sekretär Roman Eberle.

UZ: Warum führt ihr den heutigen Aktionstag durch?

Roman Eberle: In der Tarifrunde des Bankgewerbes gibt es die Situation, dass die Arbeitgeber nach der zweiten Verhandlungsrunde immer noch kein Angebot vorgelegt haben. Sie sind wohl unterwegs mit der Vorstellung, dass die Beschäftigten im Bankensektor zu viel verdienen. Daher streiken wir jetzt, damit wir in dieser Tarifrunde weiterkommen.

UZ: Welche Forderungen habt ihr aufgestellt?

Roman Eberle: Wir wollen eine Entgelterhöhung von 4,9 Prozent bei einer Laufzeit von 12 Monaten.

UZ: Und die Banken haben zu wenig verdient, um eure Forderung zu erfüllen?

Roman Eberle: Die Banken können beispielsweise global Strafen ohne Ende bezahlen, sind aber auf der anderen Seite der Auffassung, dass es für eine Erhöhung der Einkommen der Beschäftigten nicht reiche, dass diese ohnehin genug verdienen.

Die Gewerkschaft ver.di fordert für die rund 230 000 Beschäftigten in den privaten und öffentlichen Banken die Erhöhung der Gehälter um 4,9 Prozent, eine entsprechende Erhöhung der AT-Gehälter sowie die gleiche Bezahlung bei gleicher Tätigkeit. Die Bankarbeitgeber verschärfen nach Auffassung der Gewerkschaft „ihr Szenario der Düsternis: In den Tarifverhandlungen gehe es um die Existenz des deutschen Bankwesens. Das Virus sei gesetzt. Man befinde sich in der Inkubationszeit, der Ausbruch stehe kurz bevor …“

ver.di begründet ihre Forderung mit der Zielinflation der EZB (2 Prozent), der Trendproduktivität (1,5 Prozent) und einer Umverteilungskomponente. Die Trendproduktivität berechnet sich aus dem Durchschnitt aller Branchen im Zeitraum von 2000 bis 2014 und beträgt 1,1 Prozent.

Dagegen stehen die Positionen der Arbeit„geber“: Inflation „derzeit minimal (0,2 Prozent)“, die Produktivitätsentwicklung in Banken „stagniert bestenfalls (also 0 Prozent)“ und ein „Nein“ zur Umverteilung (0 Prozent). Und überhaupt: Bankangestellte verdienten ohnehin zu viel. Daher sieht ver.di das Risiko, dass Bankangestellte von der allgemeinen Gehaltsentwicklung weiter abgekoppelt werden. Dazu der Verhandlungsführer der Bankarbeitgeber: „I don’t care.“

„,Wake up-Call‘ benannten die Bankarbeitgeber in der ersten Verhandlungsrunde ihren Vorstoß, Bankbeschäftigte zukünftig schlechter zu stellen als Beschäftigte in anderen Branchen. „Sie wollen uns ‚aufwecken’, damit wir endlich verstehen, dass sich die Banken keine Gehaltserhöhungen für ihre Beschäftigten leisten können oder wollen“, befürchtet ver.di. Aber die Gewerkschaft hält dagegen: „Dieser ‚Wake up-Call’ gilt für alle Bankbeschäftigten – in diesem Sinn: Wer für seine gute Arbeit eine angemessene Gegenleistung erhalten möchte, sollte jetzt munter werden …“

ver.di fordert ein verhandlungsfähiges Angebot und stellt fest, dass für die Mehrheit der Beschäftigten in der Kreditwirtschaft (z. B. Sparkassen, Sparda-Banken, Postbank, verschiedene Servicegesellschaften) bereits Tarifabschlüsse von teilweise deutlich über 2 Prozent bestehen.

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hatte am 23. Juni die Bankangestellten in NRW zu Warnstreiks aufgerufen. Ganztägige Arbeitsniederlegungen gab es bei der Commerzbank, der Deutschen Bank und der Santander-Bank im östlichen Ruhrgebiet, Münsterland, Südwestfalen sowie Teilen Ostwestfalens. Am Tag darauf waren Beschäftigte der Commerzbank und der Santander-Bank in den Regionen westliches Ruhrgebiet, Köln-Bonn-Aachen, Bergisches Land und Düsseldorf zu Warnstreiks aufgerufen. Die dritte Verhandlungsrunde findet am 28. Juni (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe der UZ) in Wiesbaden statt.

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"Nullrunde im Bankgewerbe?", UZ vom 1. Juli 2016



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