Dividende um 10 Prozent erhöht. Zuschlag für‘s Top-Management von mehr als 10 Prozent. Für diejenigen, die das erarbeitet haben: Nichts!
Das sind die Vorstellungen der Unternehmensleitung in der aktuellen Tarifrunde bei T-Systems, der IT-Tochter der Deutschen Telekom. Während bei anderen Gesellschaften der Deutschen Telekom wenigstens ein – wenn auch unzureichendes – Ergebnis erzielt wurde, droht den Kolleginnen und Kollegen der T-Systems die Null-Runde. Damit nicht genug, beantwortet das Management die Forderungen der Gewerkschaft nach einer Entgelterhöhung von 5 Prozent, nach einer sozialen Komponente (überproportionale Anhebung der unteren Entgeltgruppen) und nach dem Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen mit dreisten Gegenforderungen. Die T-Systems-Chefs wollen weiterhin in großem Maßstab Personal abbauen und Standorte zerschlagen.
In den letzten Tagen und Wochen haben die Kolleginnen und Kollegen allerdings gezeigt, dass sie sich gegen die Angriffe des Managements auf ihre Arbeits- und Lebensbedingungen wehren wollen. Bei Kundgebungen und Demonstrationen war zu sehen, was die Beschäftigten von der Hinhalte-Taktik des Unternehmens halten: „Abkoppeln – NEIN Danke“ und „Schluss mit der Erpressung“ war auf den Transparenten zu lesen.
Den gewerkschaftlichen Vertrauensleuten vor Ort ist es gelungen, zunehmend mehr Kolleginnen und Kollegen für die Teilnahme an Aktionen und Warnstreiks zu gewinnen. Und es zeichnet sich eine Steigerung gegenüber der letzten Tarifrunde vor zwei Jahren ab. Die Entwicklung der Vertrauensleutearbeit vor Ort und die Einbeziehung der Kolleginnen und Kollegen in die Auseinandersetzungen sind wesentliche Voraussetzungen für erfolgreiche Tarifkämpfe in der IT-Branche, einem Bereich, der gewerkschaftlich eher als unterentwickelt gilt. In Darmstadt beispielsweise, einem der größeren T-Systems-Standorte, wurden in den letzten Jahren gezielt neue Vertrauensleute-Strukturen aufgebaut. Und die Vertrauensleute haben sich aktiv an den Vorbereitungen zu den Tarifrunden beteiligt – bei der Forderungsfindung, der Arbeitskampfplanung und der Mobilisierung.
Trotz dieser Entwicklung, die nicht nur in Darmstadt beobachtet werden kann, gibt es beim Organisationsgrad und der Durchsetzungsfähigkeit noch jede Menge Luft nach oben. Die IT-Branche wurde, wie viele andere Bereiche mit niedrigem Organisationsgrad auch, von der Gewerkschaft jahrelang eher stiefmütterlich behandelt. Es ist natürlich leichter und Erfolg versprechender, hoch organisierte Bereiche („Blaumann“) zum Streik aufzurufen, als Ingenieure, Betriebswirte oder Software-Entwickler („Weißkittel“). Wenn wir allerdings die weißen Flecken mit niedrigem Organisationsgrad und mangelnder gewerkschaftlicher Durchsetzungskraft erschließen wollen, dann kommen wir nicht darum herum, gerade diese Kolleginnen und Kollegen zum Mitmachen aufzufordern. Und ihnen auch die Möglichkeit zu geben, für ihre Interessen selber aktiv zu werden.
Das gelingt einfacher, wo die Zusammenarbeit mit den hoch organisierten Bereichen gut ist und man sich gegenseitig unterstützt, wie in Darmstadt. Und es erfordert funktionierende Vertrauensleutestrukturen. Aber es erfordert auch, dass konkrete Anlässe vorhanden sind. Und dass Konflikte nicht „stellvertretend“ gelöst werden. Tarifauseinandersetzungen sind da ideal. Tarifabschlüsse, die zwei Jahre Friedenspflicht vorsehen – aktuell Ergebnis fast jeder Tarifrunde – unterstützen die Entwicklung der Durchsetzungskraft und die gewerkschaftliche Organisation dagegen nicht.