Klaus Wagener über den Handelskrieg gegen die VR China

„Nukleare Option“

Der Krieg des US-Imperiums zur Niederhaltung der VR China eskaliert. US-Präsident Trump, innenpolitisch durch das Impeachment-Verfahren erheblich unter Druck, sucht nach Möglichkeiten, sich als stark und handlungsfähig zu präsentieren. Eine Situation, die nicht unbedingt von großer Zurückhaltung und Vernunft geprägt ist. So hat die US Federal Communications Commission (FCC) Huawei und ZTE am 22. November als eine Gefahr für die Sicherheit der USA eingestuft. Die chinesischen Tech-Giganten werden dadurch vom digitalen Netzerhalt und -ausbau in den USA ausgeschlossen.

Doch damit nicht genug. Anfang des Monats meldete „Reuters“, dass die Trump-Regierung, genauer gesagt der Nationale Sicherheitsrat des Weißen Hauses, plant, Huawei komplett vom US-Finanzsystem auszuschließen. Der Eintrag des chinesischen Tech-Riesen in die Schwarze Liste des US-Finanzministeriums, die „Specially Designated Nationals List“ (SDN), würde das Unternehmen buchstäblich von allen in US-Dollar denominierten Geschäften ausschließen und seine Guthaben in den USA einfrieren. Mit dieser aufgrund ihrer vernichtenden Auswirkungen „Nuclear Option“ genannten Maßnahme wählte die Regierung dann die finanzpolitisch aggressivste Variante gegen Huawei. Die Anti-China-Rhetorik des Weißen Hauses wurde in der letzten Zeit mit einem antikommunistischen Unterton deutlich verschärft. Die imperiale Kriegs- und Überwachungsmaschine fürchtet um die Sicherheit der „Freien Welt“.

Die SDN-Listung zielt darauf ab, Huawei den Zugang zu den lukrativen Marktanteilen des „Freien Westens“ zu versperren. Viele US-Vasallen zeigten wenig Neigung, sich technologisch ebenso ins Knie schießen zu wollen, wie es die USA beabsichtigen. Die vom Weißen Haus ausgerufene Blockade der chinesischen Tech-Giganten stieß auf wenig Gegenliebe. Landet Hua­wei nun tatsächlich auf der SDN-List, dürfte es sehr schwierig werden, diese Position durchzuhalten. Der Anteil des Dollar-denominierten Handelsvolumens ist sehr hoch. Und wie bei den Iran-Sanktionen zu sehen, steckt die De-Dollarisierung im „Freien Westen“ noch in den Kinderschuhen. Auch der Betrieb und Unterhalt der bestehenden 4G-Netze von Huawei stünde im Feuer. Zahlungen an Huawei wären nur noch wenigen Staaten möglich.

Wie der Fall des russischen Aluminium-Giganten RUSAL, der im Zuge der Russland-Sanktionen ebenfalls auf der SDN-List gelandet war, deutlich gemacht hat, hat diese Maßnahme disruptive Wirkung. Und zwar sowohl auf die Seite der Produktions-, Transport- und Wertschöpfungsketten als auch auf die Marketingseite, die Handels- und Versorgungs-Wege. RUSAL war Weltmarktführer, wie nun Huawei und ZTE.

Die „Nuclear Option“ hätte also zweifellos gravierende Folgen für Huawei und ZTE. Aber was folgt daraus für Apple & Co? China ist für die US-Tech-Giganten der wichtigste Markt und die wichtigste Produktionsstätte. Ohne Foxconn in China gäbe es kein iPhone. Schon jetzt ist der Technologie-Krieg dabei, den Halbleiter-Markt umzupflügen. Die „Nuclear Option“ wäre ein komplettes Desaster – auch für Apple, Foxconn, Qualcomm & Co.

Huawei und ZTE dürften die RUSAL-Ereignisse gut studiert haben. Huawei hat sein Forschungszentrum von den USA nach Kanada verlegt. Die chinesischen Firmen kaufen gegenwärtig enorme Mengen Halbleiterprodukte und Halbleiter-Produktionsmaschinen aus USA, Korea, Taiwan und Japan. Unabhängigkeit von der US-Produktion und vom Dollar ist zur Überlebensfrage geworden. Der Tech-Krieg des US-Imperiums gegen die Volksrepublik treibt das „De-Coupling“, das Entkoppeln der weltgrößten Ökonomien, voran. China wird seine Anstrengungen verstärken, die Technologie-Führerschaft auf dem Gebiet der Datenverarbeitung (IT) und künstlichen Intelligenz (AI) baldmöglichst zu erringen. Der Wirtschaftskrieg des US-Imperiums kann, wie der Nato-Gipfel in London zeigte, sehr schnell in einen militärischen Konflikt münden. Dabei werden, neben Raketentechnologie, IT und AI die Schlüsseltechnologien sein, die über Sieg oder Niederlage entscheiden.

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"„Nukleare Option“", UZ vom 13. Dezember 2019



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